Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung bei unberechtigt ausgewiesener Umsatzsteuer durch Organe eines Vereins
Leitsatz (redaktionell)
Die Erstellung einer Rechnung über Werbeleistungen mit unberechtigt ausgewiesener Umsatzsteuer durch ein nichtvertretungsberechtigtes Organ eines Vereins ist dem Verein auch bei vorsätzlichem Überschreiten der Befugnisse des Organs zuzurechnen, wenn die Verrichtung innerhalb des dem Organ zugewiesenen Wirkungskreises erfolgt.
Normenkette
UStG § 14 Abs. 3 S. 2 2. Alt; BGB § 31
Streitjahr(e)
1993
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 29.07.2003; Aktenzeichen V B 115/03) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte (das Finanzamt - FA -) den Kläger zu Recht als Steuerschuldner für in „Rechnungen” unberechtigt ausgewiesene Steuerbeträge i.H.v. 7.881,53 DM in Anspruch genommen hat, die im Streitjahr von einem seiner Abteilungsleiter erstellt und an einen Dritten begeben worden sind.
Der Kläger ist ein im Vereinsregister eingetragener Sportverein. Die im Streitjahr geltende Vereinssatzung enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
§ 13 Vorstand
1. Der Vorstand arbeitet
a) als engerer Vorstand - bestehend aus:
- Dem Präsidenten
- Dem Ersten, Zweiten und Dritten Vizepräsidenten
- Dem Schatzmeister
- Dem Hauptsportwart
- Dem Ligaausschussvorsitzenden
b) als Gesamtvorstand - bestehend aus:
- Dem engeren Vorstand
- Dem Referenten für Jugendsport
- Dem Schriftführer
- Dem Pressewart
- Dem 2. Schatzmeister
- Den Abteilungsleitern
2. Vorstand im Sinne des § 26 BGB (geschäftsführender Vorstand) ist der Präsident, der Erste, Zweite und Dritte Vizepräsident und der Schatzmeister. Sie vertreten den Verein gerichtlich und außergerichtlich. Der Präsident kann allein vertreten, von den anderen vertreten jeweils zwei gemeinsam. ....
3. Zu den Aufgaben des Gesamtvorstandes gehören:
- Vorbereitung des Haushaltsplanes für die Delegiertenversammlung
- Ausschluss und Bestrafung von Mitgliedern
- Entscheidung über wichtige Grundsatzfragen des Vereins
4. Der engere Vorstand erledigt alle laufenden Vereinsangelegenheiten. Er ist insbesondere befugt, haupt- und nebenamtliche Mitarbeiter einzustellen. Der Gesamtvorstand ist über seine Tätigkeit laufend zu informieren.
§ 20 Die Abteilungen des Vereins
1. Für die im Verein betriebenen Sportarten bestehen Abteilungen oder werden im Bedarfsfall durch Beschluss des Gesamtvorstandes gegründet.
2. Die Abteilungen werden durch den
- Abteilungsleiter
- stellvertretenden Abteilungsleiter
- Abteilungskassierer
- Abteilungsschriftführer
- Jugendleiter
denen feste Aufgaben übertragen werden, geleitet.
3.…Die Abteilungsleitungen sind selbständig und arbeiten fachlich unter eigenerer Verantwortung.
Die Richtlinien zur Durchführung des Geschäftsbetriebs enthalten u.a. folgende Bestimmungen:
Die Richtlinien gelten für die Abteilungen und Organe (§ 10) …§ 20 der Satzung des…e.V. bleibt von dieser Richtlinie unberührt, er wird lediglich ergänzt und näher beschrieben.
2. Finanzen
Die Abteilungen dürfen Ausgaben über DM 3.000.- im Einzelfall nur tätigen, wenn die Genehmigung des Präsidiums hierzu vorliegt....
3. Allgemeiner Geschäftsbereich
.... Inserate für Festschriften, Broschüren, Lautsprecherdurchsagen, etc. der Abteilungen sind nur mit schriftlicher Genehmigung des Präsidiums gestattet.
Im Streitjahr war Herr A Abteilungsleiter der Abteilung Fußball. Er erteilte im Jahr 1993 einer Firma B drei „Rechnungen” auf Formularen mit Briefköpfen des Klägers, mit denen er über Werbeveranstaltungen abrechnete. Die „Rechnungen” weisen neben den Nettobeträgen Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt 7.881,53 DM offen aus. Die „Rechnungen” weisen die Abteilung Fußball und als Absender Herrn A aus und sind unterzeichnet mit „A, Abteilungsleiter”.
Der Erstellung der „Rechnungen” liegt nach einer Zeugenaussage des Herrn A vom 20.12.1994 folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Fa. B hatte in der Vergangenheit den Kläger durch verschiedene finanzielle Zuwendungen unterstützt. Zu Beginn der Saison 1993/94 gab Herr B gegenüber Herrn A zu erkennen, dass der Kläger für diese Saison außer einem Satz Trikotagen nichts zu erwarten habe. Im August 1993 kamen die Inhaber der Fa. B auf Herrn A zu und baten ihn, für durchgeführte Werbeveranstaltungen, für die zuvor kein Entgelt vereinbart worden war, Rechnungen zu erteilen. Die Inhalte und die Rechnungsbeträge wurden vom B vorgegeben. Mit diesen Rechnungen wollte die Fa. B versuchen, von C einen Webekostenzuschuss zu erhalten. Herr A hoffte, dass hierdurch im Falle eines Erfolgs der Fußballabteilung des Klägers Mittel zufließen würden, was in der Folgezeit jedoch nicht geschehen ist.
Herr A kam dieser Bitte ohne Wissen des engeren Vorstands nach und erteilte der Fa. B die dem Streitfall zugrunde liegenden drei „Rechnungen” (Bl. 13-15 der Gerichtsakte).
Wegen weiterer Einzelheiten der Aussage wird auf Bl. 46 ff. des Sonderbands „Dauersachverhalte /Rechtsbehelfsverfahren USt 1993” Bezug genommen.
Nachdem das FA aufgrund einer Kontrollmitteilung seiner Steuerfahndun...