Leitsatz
Ein Verein schuldet eine in einer Rechnung offen ausgewiesene Umsatzsteuer auch dann, wenn vereinbarungsgemäß dafür keine Gegenleistung erbracht werden soll und selbst dann, wenn der Rechnungsadressat absprachegemäß die Rechnung nicht zum Vorsteuerabzug gegenüber dem Finanzamt verwendet. Für den Gefährdungstatbestand in § 14 Abs. 3 UStG reicht es aus, wenn die Rechnung im Veranlagungszeitraum ausgestellt wird. Stellt die Rechnung ein Abteilungsleiter eines Vereins aus, der zivilrechtlich nicht zur Vertretung des Vereins berechtigt ist und der daher gegen seine satzungsmäßigen Befugnisse verstößt, wird dem Verein gleichwohl das Handeln des Abteilungsleiters über § 31 BGB zugerechnet. Der Verein ist daher Steuerschuldner der ausgewiesenen Umsatzsteuer.
Sachverhalt
Vertretungsberechtigte Organe eines Vereins waren sein Präsident und die beiden Vorstände in unterschiedlichen Vertretungskonstellationen. Ein Abteilungsleiter des Vereins stellte gegenüber einem Autohaus eine Rechnung mit offenem Umsatzsteuerausweis aus. Dieser Rechnung lagen vereinbarungsgemäß keine Leistungen zugrunde und es flossen letztendlich überhaupt keine Zahlungen. Die Rechnung sollte auch nicht vom Rechnungsempfänger beim Finanzamt zum Zwecke des Vorsteuerabzuges eingereicht werden. Sie diente lediglich dazu, von dritter Seite Werbungskostenzuschüsse zu erhalten, die dann an den Verein weitergeleitet werden sollten, was aber fehlschlug. Für Ausgaben und Rechtsgeschäfte der Abteilungsleiter über DM 3000,- war lt. Satzung die Genehmigung des Präsidiums einzuholen, was der Abteilungsleiter jedoch versäumte. Trotz dieses Sachverhaltes forderte das Finanzamt vom Verein die ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG.
Entscheidung
Das Gericht hat den Umsatzsteueranspruch des Finanzamtes bestätigt und mit dem Gefährdungstatbestand des § 14 Abs. 3 UStG begründet. Die betreffenden Rechnungen wiesen den Verein als Rechnungsaussteller aus. Da die Umsatzsteuer offen ausgewiesen wurde, spielt es keine Rolle mehr, ob der Vorsteuerabzug vom Rechnungsadressaten tatsächlich in Anspruch genommen wurde oder auch, dass der Rechnung keine Leistung zugrunde lag. § 14 Abs. 3 UStG knüpft an die bloße - wenn auch möglicherweise unberechtigte - Rechnungsstellung an. Wenn in einem Veranlagungsjahr die dadurch entstandene Gefährdungslage nicht wieder beseitigt worden ist, etwa durch Korrektur der Rechnung und Rückforderung der Originalrechnung, so bleibt der Steueranspruch aus ß 14 Abs. 3 UStG bestehen. Dem Verein wird auch über § 31 BGB das unbefugte Handeln seines Abteilungsleiters zugerechnet. Richtig ist zwar, dass der Handelnde zivilrechtlich nicht zu der Ausstellung einer derartigen Rechnung berechtigt war. Für Ausgaben und Rechtsgeschäfte über DM 3000,- war lt. Satzung die Genehmigung des Präsidiums einzuholen. Für die Zurechnung nach § 31 BGB kommt es aber allein darauf an, ob der Handelnde noch in dem vom Rechtsträger zugewiesenen Wirkungskreis tätig geworden ist. Nach den Richtlinien zur Durchführung des Geschäftsbetriebes des Vereins fiel in die Zuständigkeit der Abteilungsleiter auch, Werbemaßnahmen zu organisieren und durchzuführen. Damit hat der Abteilungsleiter zwar zivilrechtlich seinen Kompetenzbereich überschritten, da er aber innerhalb seines Wirkungskreises tätig geworden ist, wird sein Handeln steuerrechtlich über § 31 BGB dem Verein zugerechnet.
Hinweis
Das Ergebnis mag zunächst verblüffen. Ein mit nur begrenzter zivilrechtlicher Vertretungsmacht ausgestatteter Abteilungsleiter stellt für den Verein eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis aus, dem keine Gegenleistung zugrund lag, wobei der Vorsteuerbetrag vom Rechnungsadressaten nachweislich nie in Anspruch genommen werden sollte. Der Verein sollte also Umsatzsteuer abführen, obwohl er nie Geld erhalten hatte. Mit Proforma-Rechnungen ist also nicht zu spaßen und dies zu Recht. Jeder, der eine Rechnung mit offenem Umsatzsteuerausweis ausstellt, ist verpflichtet, diese Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen und dies aufgrund des § 14 Abs. 3 UStG auch, wenn andere Voraussetzungen des Umsatzsteuersystems nicht erfüllt sind. Auf der anderen Seite half hier § 31 BGB dem Finanzamt, mit dem deliktisches Handeln von Organen und Mitarbeitern dem Rechtsträger zugerechnet werden. Erst wenn eine Rechnung von einem Vereinsmitarbeiter auf den Namen des Vereins ausgestellt wird, der überhaupt keine oder ganz andere Handlungsbefugnisse innehat, muss sich der Verein dieses Handeln nach § 31 BGB nicht mehr zurechnen lassen. Unverständlich ist im zugrunde liegenden Sachverhalt, warum die Beteiligten nicht versucht haben, noch im Streitjahr durch Korrektur und Rückgabe der Originalrechnung die Steuergefährdung wieder zu beseitigen.
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 28.04.2003, 6 K 3750/99