Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1993
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin
3. Der Streitwert wird auf 7.285,– DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin, die seit dem 25.3.1994 als staatlich geprüfte Kosmetikerin anerkannt ist, meldete im Jahre 1992 ein Gewerbe für „Hand und Fußpflege, permanent Make up und Epilationsstudio” an, in dem sie Enthaarungen von Transsexuellen vornimmt, die nach ärztlicher Bestätigung in psychisch krankhafter Weise darunter leiden, nicht weiblichen Geschlechts zu sein.
Für das Streitjahr 1993 gab die Klägerin eine Umsatzsteuerjahreserklärung ab, in der sie eine Umsatzsteuer von ./. …, DM (Umsätze in Höhe von …, DM und Vorsteuern von …, DM) erklärte. Weitere Umsätze in Höhe von …, DM netto aus dem „Epilationsstudio” sah sie gem. § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) als steuerfrei an. Der Beklagte (das Finanzamt – FA–) folgte dem jedoch nicht und setzte die Umsatzsteuer mit Bescheid vom 24.8.1995 auf …, DM fest.
Nach vergeblichem Einspruchsverfahren hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung fuhrt sie aus: Die Umsätze seien nach § 4 Nr. 14 UStG als „ähnliche heilberufliche Tätigkeit” steuerfrei. Sie übe zwar in ihrer Tätigkeit als Fußpflegerin und Kosmetikerin keine entsprechend begünstigte Tätigkeit aus. Anderes müsse jedoch für die Epilationstätigkeit gelten, weil diese als ärztliche Ersatzleistung einzustufen sei. Dies ergebe sich daraus, daß die Krankenkassen den Transsexuellen in Einzelfällen für die Epilation einen Kostenbeitrag entsprechend der Nummer 742 der ärztlichen Gebührenordnung („Epilation von Haaren im Gesicht bei krankhaftem Haarwuchs”) leisten. Eine zusätzliche Zahlung für Umsatzsteuer erfolge nicht, da die Kassen durch die Zahlung sämtlich Kosten als abgegolten ansähen. Es entspreche auch dem Zweck der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG, die Sozialversicherungsträger bei heilberuflichen Umsätzen von Umsatzsteuer zu entlasten. Unerheblich sei, daß die Klägerin ihre gesamten aus der Epilationstätigkeit stammenden Einkünfte als gewerbliche Einkünfte nach § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erklärt habe, da sich nach dem Bundesfinanzhof (BFH)-Urteil vom 13.7.1994 (Bundessteuerblatt –BStBl– II 1995, 85) aus der einkommensteuerrechtlichen Qualifizierung keine umsatzsteuerrechtliche Bindung ergebe.
Die Klägerin beantragt,
den mit Bescheid vom 24.8.1995 festgesetzten Betrag von …, DM unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 19.12.1995 um …, DM herabzusetzen.
Das FA beantragt
die Klage abzuweisen.
Die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin sei nicht einer in § 4 Nr. 14 UStG aufgezählten Tätigkeiten vergleichbar, weil sie keine spezifische Ausbildung auf medizinischem Gebiet besitze. Die Besonderheiten, die zur Kostenerstattung durch die Krankenkassen führten, lägen bei den Kunden und nicht in der Art der Tätigkeit begründet. Die Krankenkassen hätten ihr auch keine generelle Zulassung erteilt, sondern nur im Einzelfall die Kosten übernommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
1. Gemäß § 4 Nr. 14 UStG sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Dentist, Krankengymnast, Hebamme oder aus einer „ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit” im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 des EStG steuerfrei. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist ein Beruf einem Katalogberuf ähnlich, wenn er in allen wesentlichen Punkten mit ihm verglichen werden kann. Zum Berufsbild gehörten neben der Heiltätigkeit selbst, daß die Berufsausbildung staatlich geregelt sei, die Ausübung des Berufes der Erlaubnis bedürfe und die Tätigkeit der Überwachung durch die Gesundheitsbehörden unterliege. Es genüge nicht, daß die Tätigkeiten als solche der Linderung oder Heilung von Krankheiten dienten (zusammenfassend: BFH-Urteil vom 21.6.1990 V R 97/84, BStBl II 1990, 84 zum „Heileurhythmist”). Es sei allein Aufgabe des Gesetzgebers, neuen Berufen durch Aufnahme in den Katalog des § 4 Nr. 14 UStG oder durch eine Berufsregelung die Ähnlichkeit mit den Katalogberufen zu verschaffen (BFH-Beschluß vom 6.5.1996 V B 101/95 zur „Pneopädin”). Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist es nicht zu beanstanden, wenn für die Vergleichbarkeit mit Katalogberufen maßgebend auch darauf abgestellt wird, daß die Ausübung des Berufes von einer Erlaubnis abhängig ist (Beschluß des BVerfG vom 29.8.1981 1 BvR 695/88, BStBl II 1988, 95).
2. Nach diesen Grundsätzen genügt es nicht, daß die Klägerin bei der Enthaarung Transsexueller im Einzelfall zur Heilung einer psychischen Erkrankung heilberufliche Hilfstätigkeiten ausfuhrt und die Sozialversicherungsträger einen Kostenbeitrag leisten, da es für die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG nicht auf die einzelne Tätigkeit als solche, sondern auf die Ähnlichkeit der gesamten Berufstätigkeit mit den Katalogberufen ankommt. Ein besonderes Berufsbild für die Führung eines Epilationsstudios existiert jedoch nicht. Es ist von der Klägerin trotz Aufforderung weder vo...