rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurverfügungstellung von Wohnheimen für Asylbewerber und Aussiedler

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Zurverfügungstellung eines Wohnheims für Übersiedler oder Asylbewerber ist als gewerbliche Tätigkeit einzustufen, wenn die Beherbergung und Betreuung der Unterzubringenden im Vordergrund steht. Das ist der Fall, wenn die Zurverfügungstellung des Wohnraums nur eine von vielen Pflichten, nicht aber die prägende Hauptpflicht ist.
  2. Die Zahlung eines pauschalen Entgelts, das sich nicht an den Merkmalen der zur Nutzung überlassenen Räumlichkeiten orientiert, sondern pro Person und Anwesenheitstag bemessen wird, zeigt, daß das Beherbergen und Betreuen der zugewiesenen Person und nicht die Überlassung von Wohnraum im Vordergrund steht.
  3. Für die steuerliche Beurteilung der Leistungsverpflichtung ist auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit abzustellen.
  4. Die Nicht- oder Schlechterfüllung der vertraglich geschuldeten Beherbergungs- und Betreuungsleistungen mit Ausnahme der Vermietungsleistung ändert nichts an der Qualifizierung der Leistungen als gewerbliche Tätigkeit.
  5. Für die Beurteilung der Tätigkeit ist es unbeachtlich, ob die vertraglich geschuldeten Leistungen selbst, auf eigene Kosten oder durch Dritte erbracht werden.
 

Normenkette

EStG § 21; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2; EStG § 15 Abs. 2 S. 1

 

Streitjahr(e)

1991, 1992

 

Tatbestand

Die Klägerinnen (Kl.) unterhalten seit xxxxxxx 1990 in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein Unternehmen zur Unterbringung von Aussiedlern sowie ausländischen Flüchtlingen in zwei Objekten. Sie streiten für die Streitjahre 1991 und 1992 mit dem Beklagten (das Finanzamt, FA) darüber, ob darin eine gewerbliche Tätigkeit zu sehen ist, - so das FA - , oder ob die daraus erzielten Einkünfte solche aus Vermietung und Verpachtung sind. Im einzelnen liegt dem Rechtsstreit der folgende Sachverhalt zugrunde:

Mit Vertrag vom xx.xx.1990 mit dem Land Hessen verpflichteten sich die Kl., das von ihnen zu diesem Zweck angemietete Hotel "YYYY" in xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx als Außenstelle des Übergangswohnheims für Aus- und Übersiedler in xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx (im folgenden kurz: ÜW) für bis zu 30 Personen mit einer hotelmäßigen Unterbringung vom xx.xx.1990 bis zum xx.xx.1991 zur Verfügung zu stellen. Die Belegung erfolgte dabei durch Zuweisung der Zentralen Aufnahmestelle des Landes Hessen in Gießen. Die Kl. hatten dabei die untergebrachten Personen in Zusammenarbeit und nach Weisung des ÜW zu betreuen. Den Bewohnern waren gegen ein Entgelt von 2 DM pro Vollwäsche Waschmaschinen zur Verfügung zu stellen. Das Hausrecht übten nach § 8 des Vertrages die Mitarbeiter des ÜW und die Kl. gemeinsam aus. Für die nach dem Vertrag zu erbringenden Leistungen erhielten die Kl. eine Vergütung von 17 DM je zugewiesener Person je Tag. Für Tage, an denen die zugewiesenen Personen abwesend waren, erhielten die Kl. ein "Bettengeld" von 40 % des Pauschsatzes. Die Vertragspartner hatten die Pflicht, sich gegenseitig über bedeutsame Vorfälle zu benachrichtigen.

Fortgesetzt wurde dieses Nutzungsverhältnis für die Zeit vom xx.xx.1991 bis zum xx.xx.1992 mit dem Vertrag vom xx.xx.1991, der ähnliche Regelungen enthielt wie der Vertrag vom xx.xx.1990. Zusätzlich regelte der Vertrag die Verpflichtung der Kl., das erforderliche Verwaltungs-, Reinigungs- und Betreuungspersonal zu stellen sowie die Einrichtung nach dem Merkblatt über Ausstattung und Betrieb einer Gemeinschaftsunterkunft auszugestalten. In dem Merkblatt wurden dem Betreiber einer solchen Gemeinschaftsunterkunft bis ins Detail die Ausstattung der Räume und Gemeinschaftseinrichtungen (wie: Aufenthaltsraum, Küche, Sanitärräume) mit Möbeln, Geräten, Bettwäsche Handtüchern usw. vorgeschrieben. Der Betreiber mußte danach ferner als Ansprechpartner für die einweisenden Stellen zur Verfügung stehen und für das Führen von Anwesenheitslisten und die regelmäßige Reinigung Sorge tragen. Als pauschale Vergütung für alle vertraglichen Leistungen einschließlich der Betriebskosten und Abgaben erhielten die Kl. 15 DM pro Person und Tag, für abwesende 40 % dieses Tagessatzes. Den Kl. wurde außerdem die Pflicht auferlegt, dem ÜW von allen außergewöhnlichen Vorfällen (Streitigkeiten mit untergebrachten Personen etc.) zu berichten. Die Vertreter des ÜW hatten tagsüber Zugangs- und Aufenthaltsrecht in der Einrichtung. Die Kl. mußten die Hausordnung des ÜW für die Einrichtung übernehmen, sie waren nicht berechtigt, Auskünfte an Medien ohne vorherige Zustimmung des Nutzers zu erteilen. Die Wirksamkeit des Vertrages stand unter dem Vorbehalt der Genehmigung des Hessischen Finanzministeriums.

In Erfüllung des vorgenannten Vertrages beherbergten die Kl. im Verlaufe des Streitjahres 1990 zahlreiche Aussiedler und erzielten dabei Einnahmen in Höhe von xxxxxxxxxx DM. In ihrer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) kamen sie nach Abzug von Betriebsausgaben zu einem Jahresgewinn von xxxxxxxxx DM, den sie in ihrer Erklärung z...

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