Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug bei Rückvergütungen einer Genossenschaft an ihre Mitgleider
Leitsatz (redaktionell)
- Soweit die Gewährung von Rückvergütungen einer Genossenschaft an ihre Mitglieder eine nachträgliche Entgeltserhöhung für deren steuerpflichtige Lieferungen darstellt, sind die insoweit in den Gutschriften ausgewiesenen Steuerbeträge als Vorsteuern zu berücksichtigen.
- Eine nachträgliche Entgeltserhöhung liegt vor, wenn Rechtsgrund für die Zahlung die zuvor erbrachte Leistung ist und damit ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Lieferung bzw. sonstigen Leistung und den nachgezahlten Beträgen besteht.
- Auch freiwillige Zuzahlungen, die der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, wirken entgeltserhöhend.
- Soweit die Höhe der dem einzelnen Mitglied gewährten Rückvergütung von der Höhe des Leistungsbetrags des jeweiligen Mitglieds abhängig ist, liegt ein steuerbarer Leistungsaustausch und keine bloße Gewinnverteilung vor.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 5, § 17 Abs. 1
Streitjahr(e)
1995
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Genossenschaft, deren Zweck die Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft ihrer Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb ist. Ihr Gegenstand ist die Anpassung der Erzeugung und des Absatzes von Xxxxxx an die Erfordernisse des Marktes durch Ausrichtung der Produktion nach gemeinsamen Erzeugungs- und Qualitätsregeln und der Verkauf der gesamten Produktion nach gemeinsamen Verkaufsregeln (§ 2 der Satzung).
Die Klägerin kauft von ihren Mitgliedern und teilweise auch von Nichtmitgliedern Xxxxxx zu jeweils gültigen wöchentlichen Marktpreisen und erteilt den Lieferanten Gutschriften mit Umsatzsteuerausweis.
In der Sitzung des Aufsichtsrates und des Vorstandes vom 2. Februar 1995 beschloß die Klägerin, ihren Mitgliedern für das abgelaufene Wirtschaftsjahr 1994 eine genossenschaftliche Rückvergütung in Höhe von 0,5 % des Umsatzes aus den mit diesen getätigten Zweckgeschäften (Xxxxxxlieferungen) zu gewähren.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 42 a Abs. 1 der Satzung der Klägerin, der wie folgt lautet:
‘Vorstand und Aufsichtsrat beschließen, welcher Teil des Überschusses als genossenschaftliche Rückvergütung ausgeschüttet wird. Dabei ist auf einen angemessenen Reingewinn Bedacht zu nehmen. Auf die vom Vorstand und vom Aufsichtsrat beschlossene Rückvergütung haben die Mitglieder einen Rechtsanspruch.’
Über die beschlossene Rückvergütung erteilte die Klägerin ihren Mitgliedern Gutschriften mit Umsatzsteuerausweisen (siehe beispielhafte Abrechnung auf Bl. 22 der Gerichtsakte) und machte die ausgewiesenen Steuerbeträge in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr als Vorsteuern geltend. Die Erklärung vom 16. Mai 1997, der der Beklagte (das Finanzamt -FA-) zustimmte, führte zu einer Steuerfestsetzung von ... DM.
Nach Durchführung einer Betriebsprüfung bei der Klägerin gelangte das FA zu der Auffassung, daß die beschlossene Rückvergütung keinen Einfluß auf die Bemessungsgrundlage der Lieferungen der Mitglieder an die Klägerin habe, da sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Lieferungen stehe. Vielmehr seien die Rückvergütungen ihrer Natur nach Gewinnausschüttungen, so daß die in den Gutschriften ausgewiesenen Steuerbeträge von der Klägerin nicht als Vorsteuer abgezogen werden könnten.
Mit dieser Auffassung folgte das FA einer Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vom 21. Februar 1996 (Umsatzsteuerkartei der OFD Frankfurt am Main § 17 - S 7330, Karte 3), in der ausgeführt wird:
‘Genossenschaftliche Rückvergütungen i.S. des § 22 KStG haben nicht generell Auswirkungen auf die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für Lieferungen der Genossen an die Genossenschaft. Nur in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Grundgeschäft (z.B. Milchlieferungen) stehende Rückvergütungen können zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage führen; dabei muß das Interesse, einen angemessenen Kaufpreis zu gewähren, nicht aber der Gedanke der Überschußverteilung, im Vordergrund stehen (BFH-Urteil vom 18.12.1963 - I 187/62 U - BStBl 1964 III, 211)’.
Das FA erließ am 24. März 1998 den streitbefangenen Änderungsbescheid, mit dem es die Umsatzsteuer 1995 auf ... DM erhöhte. Die Erhöhung beruht in Höhe von ... DM auf der Versagung des mit den Rückvergütungen zusammenhängenden Vorsteuerabzugs und im übrigen auf zwischen den Beteiligten unstreitigen Änderungen.
Nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Sie macht geltend, die Rückvergütung stelle eine nachträgliche Änderung der Bemessungsgrundlage für die Xxxxxxlieferungen dar. Entgegen der vom FA vertretenen Auffassung bestehe ein erkennbarer unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Xxxxxxlieferungen und den Rückvergütungen. Denn die Höhe der Rückvergütung sei abhängig von dem Umfang der von den einzelnen Mitgliedern erbrachten Lieferungen. Anknüpfungspunkt sei deshalb jedes einzelne Umsatzgeschäft zwis...