rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei unentgeltlicher Überlassung einer Wohnung an minderjährige Kinder und deren Mutter
Leitsatz (redaktionell)
- Die Überlassung der Wohnung des Steuerpflichtigen nach seinem Auszug an seine ehemalige Lebensgefährtin und die minderjährigen Kinder stellt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar, wenn der gemeinsame Haushalt mit dem Kind und der Lebensgefährtin aufgelöst worden ist.
- Ein Gebäude dient der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG, wenn es vom Steuerpflichtigen selbst tatsächlich und auf Dauer bewohnt wird.
- Bei gemeinsamer Nutzung mit Familienangehörigen bzw. bei teilweiser unentgeltlicher Überlassung an fremde Personen liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nur vor, solange die eigene Haushaltsführung möglich bleibt.
- Dies gilt auch für die Überlassung der Wohnung an ein i.S.d. § 32 EStG zu berücksichtigendes Kind zur alleinigen Nutzung sofern dies aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Verpflichtung geschieht.
Normenkette
EStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3
Streitjahr(e)
2011
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Steuerbarkeit eines privaten Veräußerungsgeschäfts nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Dem liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger kaufte mit notariellem Vertrag vom 13.01.2003 gemeinsam mit weiteren Personen die Immobilie … in … . Sein Anteil betrug 1/3, der anteilige Kaufpreis … EUR. Mit Vertrag vom 08.05.2003 wurde die Immobilie in Eigentumswohnungen aufgeteilt. Der Kläger erhielt die Wohnung Nr. 2 als Alleineigentum. An der Wohnung Nr. 4 war er zu 1/3 beteiligt.
Mit Vertrag vom 04.08.2011 veräußerte der Kläger sowohl das Sondereigentum (Wohnung Nr. 2) als auch seinen Anteil an der Grundstücksgemeinschaft für insgesamt … EUR.
Den Anteil an dem nach § 23 EStG steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn
der Grundstücksgemeinschaft stellte der Beklagte, das Finanzamt (nachfolgend FA) mit Bescheid vom 28.12.2012 einheitlich und gesondert in Höhe von … EUR fest. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Streitig zwischen den Beteiligten ist indes die Beurteilung des Verkaufs der Wohnung, die im Alleineigentum des Klägers gestandenen hat.
Diese wurde zunächst vom Kläger gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin sowie der am … geborenen gemeinsamen Tochter bewohnt. Im Oktober 2008 zog der Kläger aus der Wohnung aus. Er stellte die Wohnung bis zu deren Auszug im Oktober 2010 seiner ehemaligen Lebensgefährtin und der gemeinsamen Tochter, deren Sorgerecht die Eltern gemeinsam ausübten, unentgeltlich zur Verfügung. Bis zum Verkauf im August 2011 stand die Wohnung leer.
Mit Bescheid vom 23.05.2013 setzte das FA die Einkommensteuer auf … EUR fest. Gegen den Bescheid legte der Kläger am 14.06.2013 Einspruch ein mit der Begründung, entgegen der Auffassung des FA sei auch eine unentgeltliche Überlassung der Wohnung zu Wohnzwecken an ein minderjähriges Kind, für das der Steuerpflichtige einen Anspruch auf Kindergeld oder einen Freibetrag hat, eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG.
Mit Einspruchsentscheidung vom 03.07.2014 setzte das FA die Einkommensteuer aus hier nicht interessierenden Gründen auf … EUR herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Wegen zuvor nicht berücksichtigter Anschaffungsnebenkosten wurden die Einkünfte aus privatem Veräußerungsgeschäft auf … EUR herabgesetzt. Davon entfielen auf den Verkauf des Sondereigentums … EUR.
Zur Begründung führte es unter anderem aus, die Wohnung sei dem Kind des Klägers nicht zur alleinigen Nutzung überlassen worden, die Überlassung an die ehemalige Lebensgefährtin und das gemeinsame Kind sei vielmehr schädlich. Auf die Einspruchsentscheidung im Einzelnen wird verwiesen.
Mit der erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, diesen
Veräußerungsgewinn nicht der Besteuerung zugrunde zu legen.
Zur Begründung führt er aus, nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG seien private Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre betrage, steuerpflichtig. Ausgenommen seien Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum
zwischen Anschaffung und Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden seien. Diese Voraussetzung sei erfüllt, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut allein, mit seinen Familienangehörigen oder gemeinsam mit einem Dritten bewohne. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liege auch vor, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut einem Kind, für das er Anspruch auf Kindergeld oder einen Freibetrag nach § 32 EStG habe, unentgeltlich zu eigenen Wohnzwecken überlassen habe. Dies entspreche auch den Vorgaben des BMF-Schreibens vom 05.10.2000 (BStBl. I 2000, 1383, Rn. 22), wonach die Überlassung an das Kind alleine erfolgen müsse.
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