rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlaß bei nachlässiger Versäumis der Einspruchsfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Rechtfolgen, die durch die Nachlässigkeit des Steuerpflichtigen entstehen, können durch den Erlaß nicht wieder ausgeräumt werden.
  2. Auch die Korrektur einer offensichtlich fehlerhaften Steuerfestsetzung ist im Billigkeitsverfahren nur möglich, wenn der Steuerpflichtige daran gehindert oder es ihm unzumutbar war, sich gegen die Fehlerhaftigkeit rechtzeitig zur Wehr zu setzen.
 

Normenkette

AO §§ 227, 163

 

Streitjahr(e)

1990, 1991, 1992

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Erlaß von Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer aus Billigkeitsgründen.

Da die Klägerin für 1990 und 1991 trotz mehrmaliger Aufforderung keine Steuererklärungen abgegeben hatte, schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Umsatzsteuer 1990 auf 7.580,-- DM, die Umsatzsteuer, 1991 auf 44.119,-- DM, das zu versteuerende Einkommen bei der Körperschaftsteuer 1990 auf 20.000,-- DM und das zu versteuernde Einkommen bei der Körperschaftsteuer 1991 auf 73.800,-- DM fest. Die Bescheide sind bestandskräftig geworden. Ende 1993 reichte die Klägerin Steuererklärungen für 1990 bis 1992 ein, die sie als vorläufige Steuererklärungen bezeichnete. Das Finanzamt lehnte eine Änderung der bestandskräftigen Steuerbescheide entsprechend der vorgelegten Steuererklärungen 1990 und 1991 ab. Für 1992 erließ es einen Körperschaftsteuerbescheid auf der Basis der vorläufigen Steuererklärung. Gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1992 wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch, den sie trotz Aufforderung des Finanzamts nicht begründete. Daraufhin wies das Finanzamt den Einspruch durch Einspruchsentscheidung ab. Die Einspruchsentscheidung ist bestandskräftig geworden.

Ende 1997 reichte die Klägerin erneut berichtigte Steuererklärungen ein. Nachdem das Finanzamt eine Änderung der bestandskräftigen Bescheide abgelehnt hatte, beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 01.12.1997 eine abweichende Festsetzung der Körperschaftsteuer 1990 bis 1991 aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO und begehrte eine Festsetzung des zu versteuernden Einkommens auf ./. 892,97 DM für 1990, auf ./. 11.193,21 DM für 1991 und auf ./. 24.107,18 DM für 1992. Zur Begründung ihres Erlaßantrages führte die Klägerin aus, die hohe Differenz der Körperschaftsteuer widerspreche fundamentalen Gerechtigkeitsprinzipien und dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Die Steuererklärungen hätten seinerzeit nicht vorgelegt werden können, da die Buchungsunterlagen von der Steuerfahndung beschlagnahmt worden seien. Aufgrund der psychischen Belastung des Geschäftsführers der Klägerin verursacht durch die Steuerfahndung und die dadurch resultierende Steuernachforderung habe sich der Geschäftsführer Herr G nicht um die steuerlichen Angelegenheiten kümmern können. Dies sei die Ursache für die Bestandskraft der Schätzbescheide gewesen. Erlaßbedürftigkeit bestehe im Streitfall, da die Klägerin mehrere Jahre hintereinander Verluste erlitten habe, was sich daran zeige, daß zum 31.12.1995 ein Verlust von 76.827,-- DM ausgewiesen worden sei. Die Erlaßwürdigkeit ergebe sich aus der persönlichen Notlage des Geschäftsführers. Ein früheres Fehlverhalten könne ihm nicht angelastet werden. Schließlich habe er, als er persönlich wieder dazu in der Lage war, die Folgen des steuerlichen Fehlverhaltens beseitigt.

Nachdem das Finanzamt Ermittlungen bei der Steuerfahndung angestellt hatte, und diese mitgeteilt hatte, daß lediglich das Kassenbuch der Klägerin von 4/90-11/90 sowie fünf Aufstellung, die Spielhallen, betreffend beschlagnahmt gewesen seien, diese Unterlagen aber bereits am 28.01.1991 wieder zurückgegeben worden seien, wies das Finanzamt den Erlaßantrag mit Bescheid vom 03.03.1998 ab.

Zur Begründung führte das Finanzamt aus, eine sachliche Überprüfung im Billigkeitsverfahren komme nur in Betracht, wenn es dem Steuerpflichtigen nicht möglich sei, sich nicht rechtzeitig zu wehren. Ein Billigkeitserlaß aus sachlichen Billigkeitsgründen sei ausgeschlossen, wenn die fehlerhafte Steuerfestsetzung auf eigenen unzulänglichen Angaben des Steuerpflichtigen beruhe. Das sei im Streitfall der Fall, da die Klägerin die Steuererklärungen nicht abgegeben habe. Darüber hinaus seien die Einspruchsfristen versäumt worden. Es wäre durchaus möglich gewesen, die Unterlagen, falls erforderlich, einzusehen und zu kopieren. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß der Geschäftsführer krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei Erklärungen zu erstellen, oder einen steuerlichen Berater damit zu beauftragen, seien nicht ersichtlich. Desweiteren sei der Antrag auf Erlaß auch zeitlich zu spät gestellt worden, da die Zeitdauer zwischen der zwischenzeitlich erfolgten Zahlung der Steuer und der Antragstellung mehrere Jahre betrage. Ein Verstoß gegen fundamentale Gerechtigkeitsprinzipien liege nicht vor. Vielmehr seien die Schätzungen geboten gewesen. Sie orientierten sich an den Umsatzsteuervoranmeldungen und lägen demzuf...

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