Leitsatz

Wendet jemand einer anderen Person zinslos ein Darlehen zu, um ihn zum Eingehen einer eheähnlichen Verbindung zu bewegen, stellt dies eine schenkungsteuerpflichtige Zuwendung dar, die mit dem typisierenden Zinssatz von 5,5 % zu bewerten ist.

 

Sachverhalt

Die Klägerin erhielt von einem Dritten ein zinsloses Darlehen, um eine bestehende Immobilienfinanzierung abzulösen. Das Darlehen wurde tatsächlich für eine Laufzeit von 6 Jahren gewährt, war aber unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten kündbar. Das Finanzamt sah in der zinslosen Gewährung des Darlehens eine Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, die nach § 12 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 BewG bei einer Laufzeit von 6 Jahren und einem Zinssatz von 5,5 % zu bewerten sei. Unter Berücksichtigung einer Vorschenkung nach § 14 ErbStG setzte das Finanzamt eine Schenkungsteuer fest.

Die Klägerin sah hingegen keine unentgeltliche Zuwendung, da das Darlehen an eine Gegenleistung gebunden gewesen sei. Die Gegenleistung bestehe darin, dass der Partner das Darlehen ausschließlich aus dem Grunde zinslos überlassen habe, damit sie mit ihm eine eheähnliche Lebensgemeinschaft eingehe und diese Lebensgemeinschaft Bestand haben werde. In Ermangelung eines Zuwendungstatbestands sei keine Schenkung anzunehmen.

Hilfsweise beantragte die Klägerin, den Wert der Zuwendung herabzusetzen, da in den Jahren der Überlassung des Darlehns ein deutlich niedrigerer Marktzins vorgelegen hätte und deshalb nicht von dem typisierenden Zinssatz von 5,5 % ausgegangen werden könne.

 

Entscheidung

Das Gericht hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen, aber Revision beim BFH zur Rechtsfortbildung zugelassen, da das Gericht offensichtlich auch Zweifel an dem Ansatz des Zinssatzes von 5,5 % hatte.

Keine Bedenken hatte das Gericht hingegen, in der zinslosen Überlassung des Darlehns eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu sehen. Ob in der Motivation des Zuwendenden, damit eine eheähnliche Verbindung herzustellen bzw. aufrechtzuerhalten eine Gegenleistung zu sehen sei, wurde vom Gericht nicht weiter thematisiert. Selbst wenn in dieser Motivation eine Gegenleistung zu sehen sei, wäre sie unbeachtlich, da nach § 7 Abs. 3 ErbStG Gegenleistungen, die nicht in Geld veranschlagt werden können, bei der Berechnung der Bereicherung nicht berücksichtigt werden können.

Die zinslose Überlassung eines Darlehens stellt auch nach der ständigen Rechtsprechung des BFH eine freigebige Zuwendung dar (z.B. BFH, Urteil v. 29.6.2005, II R 52/03, BStBl 2005 II S. 800 und BFH, Beschluss v. 20.9.2010, II B 7/10, BFH/NV 2010, S. 2280).

Nach Auffassung des Gerichts hätte nach den zum Zeitpunkt der Gewährung des Darlehns ein Zinssatz i.H.v. 4,5 % am Markt realisiert werden können. Allerdings kann nach § 13 Abs. 3 Satz 2 BewG der Ansatz eines geringeren oder höheren Wertes nicht darauf gestützt werden, dass mit einem anderen Zinssatz als 5,5 % oder mit einer anderen als mittelschüssigen Zahlungsweise zu rechnen ist. Deshalb sah sich das Gericht an den Zinssatz von 5,5 % gebunden.

 

Hinweis

Grundsätzlich kann in der zinslosen Gewährung eines Darlehens nach der ständigen Rechtsprechung des BFH eine Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gesehen werden, tatsächliche oder vermeintliche Gegenleistungen, die nicht in Geld bewertbar sind, können nicht bei der Bewertung der Bereicherung berücksichtigt werden.

Ob der typisierende Zinssatz von 5,5 % bei den seit langen Jahren deutlich niedrigeren Marktzinsen noch zu einem wirtschaftlich gerechtfertigten Ergebnis führt, hat allerdings auch das Finanzgericht offensichtlich bezweifelt und Revision beim BFH zugelassen.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 29.03.2012, 3 K 3819/10 Erb

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