Leitsatz
Sondervergütungen nach Betriebsveräußerung sind bei der sog. Tonnagesteuer weiterhin dem Gewinn hinzuzurechnen, aber unterliegen nicht der Gewerbesteuer.
Sachverhalt
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin betrieb als Einschiffsgesellschaft ein Seeschiff im internationalen Verkehr. Mit Wirkung zum 1.1.2011 optierte sie zur Gewinnermittlung nach § 5a EStG, der sog. Tonnagesteuer. Im Jahr 2016 veräußerte sie das Schiff und übergab es am 21.5.2016 dem Erwerber. Im Rahmen der Gewerbesteuer 2016 war nunmehr umstritten, ob die Haftungsvergütung der Komplementärin der Klägerin in voller Höhe zu erfassen war oder lediglich bis April 2016, da der Gewerbebetrieb mit der Übergabe des Schiffs eingestellt wurde. Das Finanzamt berücksichtigte die Haftungsvergütung für das gesamte Jahr, die Klägerin machte geltend, die Haftungsvergütung sei nur für den Zeitraum bis zur Einstellung des Gewerbebetriebs zu berücksichtigen. Das Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das angerufene Finanzgericht gab der Klage indes statt. Zu Unrecht hat das Finanzamt hier die Haftungsvergütung in voller Höhe bei der Berechnung des Gewerbeertrags der KG berücksichtigt. Sondervergütungen, die nach der Einstellung der werbenden Tätigkeit der Gesellschaft entstehen, zählen nicht zum fiktiven Gewerbeertrag i. S. v. § 7 Satz 3 GewStG. Dies ergibt sich schon daraus, dass erste Voraussetzung für die Gewerbesteuerpflicht das Bestehen eines Gewerbebetriebs ist. Nach dem Ende des Gewerbebetriebs entstehende Verluste oder Gewinne zählen nicht mehr zum Gewerbebetrieb. Deshalb ist die Haftungsvergütung zwar für Zwecke der Einkommensteuer in voller Höhe dem nach der Schiffsgröße ermittelten Gewinn hinzuzurechnen, da es sich um eine Sondervergütung i. S. v. § 15 Abs. 1 Satz Nr. 1 EStG handelt. Gewerbesteuerlich ist die Haftungsvergütung indes nur für die Zeit bis zur Einstellung des Gewerbebetriebs relevant.
Hinweis
Die Entscheidung des FG Hamburg ist zu begrüßen. Sie liegt denn auch auf der Linie der bisherigen Handhabung der Finanzverwaltung und der Finanzgerichte (so auch Bruns, DStR 2018 S. 441, der im Ergebnis allerdings die Auffassung vertritt, der jetzt vom Finanzgericht zutreffender Weise eine deutliche Absage erteilt wurde). Dem Gewerbeertrag unterliegen nach § 7 Satz 1 GewStG nur die Gewinne aus Gewerbebetrieb, die während der Zeit entstanden sind, in der der Gewerbebetrieb tätig war. Die Sonderregelung des § 7 Satz 3 GewStG, die nur für die Gewinnermittlung nach § 5a EStG eine Fiktion aufstellt (vgl. im Einzelnen Schnitter, in Frotscher/Drüen, GewStG, § 7 GewStG, Rz. 117ff.), kommt nicht zum Tragen. Im Zusammenhang mit dieser Bestimmung ist aber eine Frage offen, die das Finanzgericht nur am Rande streift. Der Gesetzgeber hat durch das Jahressteuergesetz 2019 § 7 Satz 3 GewStG in der Weise geändert, dass auch der Gewinn aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags der Gewerbesteuer unterliegt. Mit dieser Gesetzesänderung hat der Gesetzgeber auf eine ihm nicht genehme Rechtsprechungsänderung des BFH reagiert (BFH, Urteil v. 25.10.2018, IV R 35/16, BFH/NV 2019 S. 334 sowie BFH, Urteil v. 25.10.2018, IV R 40/16, BFH/NV 2019 S. 291). Die Brisanz liegt darin, dass diese Gesetzesänderung rückwirkend ab 2008 anzuwenden ist. Dies erscheint fraglich (Drüen, in Blümich, § 7 GewStG, Rz 105b). Der BFH hat allerdings in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keine Veranlassung gesehen, die rückwirkende Gesetzesänderung in Frage zu stellen (BFH, Beschluss v. 15.4.2020, IV B 9/20, BFH/NV 2020 S. 919; ebenso Schnitter, in Frotscher/Drüen, GewStG, § 7 GewStG, Rz. 118; kritisch hierzu Dißars/Kahl-Hinsch, DStR 2020 S. 2519). Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
Die Entscheidung des FG Hamburg ist nicht rechtskräftig, Az beim BFH IV R 14/21.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Gerichtsbescheid v. 04.05.2021, 2 K 61/19