Leitsatz
Bei Buchführungsmängeln eines Kioskbetriebs kann eine Hinzuschätzung mittels Unsicherheitszuschlags erfolgen.
Sachverhalt
Der Kläger betrieb einen Kiosk mit Lotto-Annahmestelle. Seinen Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich. In den Streitjahren nutzte der Kläger eine elektronische Registrierkasse. Er fertigte handschriftliche Kassenberichte, in denen er die Einnahmen bestimmter Warengruppen erfasste. Die Lottoeinnahmen wurden über eine gesonderte Kasse erfasst, die mit der Lottogesellschaft direkt verbunden war. Im Rahmen einer Betriebsprüfung rügte das Finanzamt die Buchführung des Klägers als nicht ordnungsgemäß. Es lägen nur verdichtete Summenbuchungen vor. Kassendaten und eine Verfahrensdokumentation seien nicht vorgelegt worden. Aufgrund dieser Mängel setzte der Prüfer eine Sicherheitszuschlag von 5 % fest. Gegen die geänderten Steuerbescheide erhob der Kläger einen erfolglosen Einspruch.
Entscheidung
Der Kläger hatte allerdings auch beim zuständigen Finanzgericht Düsseldorf keinen Erfolg. Dieses wies die Klage als unbegründet ab. Es urteilte, dass das Finanzamt aufgrund der Mängel in der Buchführung zur Schätzung befugt war und auch die Hinzuschätzung von 5 % nicht zu beanstanden sei. Die Buchführung des Klägers habe nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen. Insbesondere habe der Kläger keine Anleitung zur Kassenbedienung und Kassenprogrammierung sowie Programmierungsprotokolle vorgelegt. Eine lückenlose Dokumentierung der Kassenprogrammierung sei erforderlich, damit von einer formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ausgegangen werden könne. Auch wurden die Tagesendsummenbons nicht lückenlos vorgelegt. Hinsichtlich der Höhe der Hinzuschätzung sei die Schätzung ebenfalls zutreffend erfolgt. Ein interner Betriebsvergleich in Form einer Nachkalkulation komme hier nicht in Betracht, da eine solche aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht möglich gewesen sei. Preislisten oder Warenumsatzberichte liegen nicht vor. Auch ein äußerer Betriebsvergleich anhand der amtlichen Richtsatzsammlungen sei hier nicht möglich gewesen. Insofern sei es also angemessen gewesen, eine Schätzung mittels eines Unsicherheitszuschlags durchzuführen.
Hinweis
Die Entscheidung zeigt die Schwierigkeiten auf, die das Finanzamt bei der Prüfung von kleinen Unternehmen bestimmter Branchen oftmals hat. Die Buchführung dieser Unternehmen ist - aus welchen Gründen auch immer - nicht ordnungsgemäß. Hat ein solches Unternehmen das "Pech", von einer Betriebsprüfung "betroffen" zu sein, kommt oft das böse Erwachen. Das Finanzamt schätzt aufgrund von Mängeln in der Buchführung Umsätze hinzu. Dabei hat das Finanzamt die Schätzungsmethode anzuwenden, die zu dem wahrscheinlichsten Ergebnis führt. Regelmäßig wird das Finanzamt hierbei einen inneren Betriebsvergleich durchführen, also bestimmte Umsätze oder Umsatzgruppen nachkalkulieren oder einen äußeren Betriebsvergleich anwenden. Dies geschieht, indem eine Anwendung der regelmäßig veröffentlichten Richtsatzsammlungen erfolgt. Das geprüfte Unternehmen wird mit anderen Unternehmen der gleichen Branche hinsichtlich des wahrscheinlichen Rohgewinns verglichen. Diese Richtsatzsammlungen sind zwar in der letzten Zeit in die Kritik geraten und derzeit auch Gegenstand eines BFH-Verfahrens, doch ist ihre Anwendung immer noch gängige Praxis. Was aber, wenn die Mängel in der Buchführung so groß sind, dass beide Methoden nicht zu einem sinnvollen Ergebnis führen? Dann kommt, wie das Finanzgericht erläutert, eine Hinzuschätzung eines angemessenen Sicherheitszuschlags in Betracht. Da nach Ansicht des BFH ein Sicherheitszuschlag bis zu 20 % der erklärten Umsätze betragen kann (BFH, Beschluss v. 10.5.2012, X B 71/11, BFH/NV 2012 S. 1461), ist der Kläger hier offenbar noch ganz gut weggekommen.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil v. 11.06.2024, 11 K 2308/19 U