OFD München, Verfügung v. 24.1.2003, S 0622 - 40 St 312

 

1. Allgemeines

Sinn und Zweck der Hinzuziehung nach § 360 AO ist es, in Fällen, in denen die gleiche Rechtsfrage sich auch gegenüber Dritten auswirkt, das Verfahren zu vereinfachen und abweichende Entscheidungen zu vermeiden. Unterschieden wird dabei zwischen der

Eine besondere Form stellt die Hinzuziehung nach § 174 Abs. 5 AO dar (vgl. hierzu OFD München vom 14.8.2002, S 0352 – 4 St 312)

 

2. Einfache Hinzuziehung

Die einfache Hinzuziehung setzt voraus, dass die rechtlichen Interessen eines Dritten berührt sind. Dabei muss es sich um ein steuerliches Interesse handeln; die Möglichkeit, dass die rechtlichen Interessen nach den Steuergesetzen berührt werden, reicht aus (BFH-Beschluss vom 28.12.1998, VII B 280/98, BFH/NV 1999 S. 815).

Von der einfachen Hinzuziehung sollte, außer bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten (vgl. Tz. 3), nach Möglichkeit dann abgesehen werden, wenn die rechtlichen Interessen des Dritten den Belangen des Einspruchsführers zuwiderlaufen (BFH-Beschluss vom 17.8.1978, VII B 30/78, BStBl 1978 II S. 25).

Ist absehbar, dass dem Einspruch stattgegeben werden kann oder eine einvernehmliche Erledigung wahrscheinlich ist, sollte – außer bei Zusammenveranlagung von Ehegatten (vgl. Tz. 3) – wegen der sonst erforderlichen Zustimmung des Hinzugezogenen (siehe Tz. 7) ebenfalls von einer einfachen Hinzuziehung abgesehen werden.

 

3. Hinzuziehung bei zusammenveranlagten Ehegatten als Hauptanwendungsfall der einfachen Hinzuziehung

Die Hinzuziehung bei zusammenveranlagten Ehegatten ist zweckmäßig, um zu verhindern, dass gegen die Ehegatten als Gesamtschuldner unterschiedliche Steuerbeträge festgesetzt werden. Es empfiehlt sich daher, bei Ehegatten von der Möglichkeit der einfachen Hinzuziehung Gebrauch zu machen, wenn nicht beide Ehegatten Einspruch eingelegt haben (vgl. AEAO). Bei einem Streit über die Zurechnung von Einkünften oder bei entgegengesetzten Interessen der Ehegatten soll immer eine Hinzuziehung erfolgen.

Der Einspruch eines Ehegatten gegen den Bescheid über eine Zusammenveranlagung kann nicht ohne weiteres auch als Einspruch des anderen Ehegatten angesehen werden, ständige Rechtsprechung des BFH (z.B. Urteil vom 27.11.1984, VIII R 73/82, BStBl 1985 II S. 296 , und vom 30.10.1997, III R 27/93, BFH/NV 1998 S. 942). Deshalb ist zunächst zu prüfen, ob sich nicht aus anderen Umständen ergibt, dass der Einspruch von beiden Ehegatten erhoben wurde („… legen wir Einspruch ein …”; Namen beider Ehegatten im Briefkopf genannt oder Unterschrift beider Ehegatten).

Ergeben sich keine der oben genannten Anhaltspunkte, die zuverlässig auch auf einen Einspruch des Ehegatten hindeuten, ist beim Verfasser des Einspruchsschreibens rückzufragen, ob er den Einspruch auch im Namen seines Ehegatten eingelegt hat. Diese Anfrage kann zweckmäßigerweise mit der Ankündigung der Hinzuziehung (§ 360 Abs. 1 Satz 2 AO) für den Fall verbunden werden, dass der Einspruch nicht auch vom anderen Ehegatten erhoben wurde.

Von einer solchen Anfrage ist aber abzusehen, wenn der Einspruchsführer eindeutig zu erkennen gegeben hat, den Einspruch nur im eigenen Namen eingelegt zu haben (im Briefkopf nur Einspruchsführer angegeben; Schreiben in Ich-Form, nur Namensangabe und Unterschrift des Einspruchsführers am Ende des Schreibens).

Greift der Einspruchsführer den Einkommensteuerbescheid auch oder ausschließlich wegen Besteuerungsgrundlagen seines Ehegatten an, ist dadurch nicht automatisch auch ein Einspruch des anderen Ehegatten gegeben, weil der Einspruchsführer den Bescheid auch insoweit anfechten kann, als dieser vom Ehegatten bezogene Einkünfte betrifft (vgl. BFH-Urteil VIII R 73/82, BStBl 1985 II S. 296). In diesem Fall ist jedoch eine zeitnahe Rückfrage beim Einspruchsführer geboten, ob der Einspruch auch im Namen des Ehegatten im Wege der Bevollmächtigung (§ 80 AO) erhoben wurde.

Die gängige Formulierung von Angehörigen der steuerberatenden Berufe, „… im Namen meines Mandanten …” einen Einspruch einzulegen, ist allerdings noch kein eindeutiger Hinweis darauf, dass der Einspruch nur für einen Ehegatten geführt werden soll.

Ein von beiden Ehegatten unterzeichnetes Schreiben, das nach Ablauf der Einspruchsfrist eingeht, ist nicht ausreichend, um das Einspruchsschreiben nachträglich als Einsprüche beider Ehegatten auszulegen.

 

4. Notwendige Hinzuziehung

Kann eine Entscheidung über einen Einspruch gegenüber Dritten nur einheitlich ergehen, so sind diese notwendig hinzuzuziehen. Dies gilt in allen Fällen, in denen die Bestandskraft auch gegenüber einem Dritten wirkt, also insbesondere bei gesonderten und einheitlichen Feststellungen. Notwendig hinzugezogen werden können aber nur Personen, die auch nach § 352 AO befugt sind, Einspruch einzulegen. Eine Hinzuziehung ist nicht geboten in einem Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung (BFH-Urteil vom 22.10.1980, I S 1/80, BStBl 1981 II S. 99...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?