Leitsatz
Maßgeblich für die Begrenzung des Abzugs von Kirchenbeiträgen als Sonderausgaben ist die endgültig für das Veranlagungsjahr festgesetzte Einkommensteuer.
Normenkette
§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG , § 163 AO , Abschn. 101 Abs. 2 EStR
Sachverhalt
Die Kläger sind Mitglieder der "Siebenten-Tags-Adventisten", einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Von den freiwilligen Zahlungen an diese Religionsgemeinschaft (insgesamt 9 000 DM) wollten sie 2 783 DM (= 9 % der im Lohnsteuerabzugsverfahren einbehaltenen LSt ./. der Kinderermäßigung von 900 DM nach § 51a EStG) wie gezahlte Kirchensteuer als Sonderausgaben abziehen. Den Restbetrag von 6 217 DM machten sie als Spende geltend.
Nachdem das FA zunächst nur 254 DM wie gezahlte Kirchensteuer zum Abzug zulassen wollte, ermittelte die OFD im Beschwerdeverfahren den Abzugsbetrag unter Berücksichtigung von fiktiven Einkommensteuererstattungen mit 1 151 DM.
Das FG folgte der Auffassung der OFD und wies die Klage ab.
Entscheidung
Die Entscheidung Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück, weil die Kläger einen höheren als den vom FG gewährten Sonderausgabenabzug nicht erreichen können.
Nach der Rechtsprechung des Senats sei der Abzug der insgesamt gezahlten Kirchenbeiträge begrenzt auf 9 % der für das Veranlagungsjahr festgesetzten Einkommensteuer. FG und OFD hätten den Klägern aber bereits einen höheren Abzug gewährt.
Hinweis
1. Der BFH hat bereits in seinem Urteil vom 10.10.2001, XI R 52/00 (BFH-PR 2002, 161) ausgeführt, dass die in R 101 Abs. 1 EStR (früher Abschn. 101 Abs. 2 EStR) getroffene Anweisung über den Abzug von Kirchenbeiträgen eine Billigkeitsmaßnahme gem. § 163 AO darstellt und dass das FA verpflichtet ist, bei Vorliegen der geforderten Voraussetzungen aus Gründen der steuerlichen Gleichbehandlung den Sonderausgabenabzug zu gewähren (Ermessensreduzierung auf null).
2. In dem o.g. Urteil hatte der BFH auch bereits eine Aussage über die Höhe des bei Kirchenbeiträgen zulässigen Sonderausgabenabzugs getroffen. In der Besprechungsentscheidung wird diese Aussage noch einmal erläutert und begründet.
Im Gegensatz zu Kirchensteuern werden Kirchenbeiträge nicht festgesetzt; es gibt auch keine Erstattung von Kirchenbeiträgen im Weg eines späteren Erstattungsverfahrens. Deshalb kann die Höhe des Sonderausgabenabzugs nicht – wie bei Kirchensteuern – an der im Kalenderjahr gezahlten bzw. vorausgezahlten Einkommensteuer bemessen werden. Maßgeblich ist vielmehr die im Veranlagungsjahr festgesetzte Einkommensteuer.
Als Sonderausgaben abziehbar sind demnach die tatsächlich gezahlten Kirchenbeiträge bis zur Höhe von 9 % (bzw. bis zur Höhe des in dem betreffenden Bundesland geltenden Kirchensteuersatzes) der für das Veranlagungsjahr endgültig festgesetzten Einkommensteuer.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.6.2002, XI R 96/97