Prof. Dr. Ronald Gleich, Manfred Blachfellner
Servitization beinhaltet den vollständigen Transformationsprozess, in dem sich ein produktorientiertes Unternehmen schrittweise zu einem Anbieter von Geschäftsmodellen mit kundenzentrierten Lösungen wandelt. Dieser Prozess vollzieht sich dabei nicht automatisch, sondern muss entsprechend gestaltet und durch das Controlling unterstützt werden. Die mit dem Transformationsprozess verbundenen Herausforderungen und Aufgabenstellungen sind abhängig vom Reifegrad eines betrachteten Unternehmens. In Bezug auf die Rolle des Controllers bei der Gestaltung dieses Transformationsprozesses ist festzuhalten, dass die neuen Herausforderungen und Aufgaben innerhalb der Servitization und der Transformation von Geschäftsmodellen einen neuen Archetyp des Controllers erfordern. Der Controller ist dabei nicht nur Sparringspartner, sondern sitzt am Steuer der Transformation bzw. muss diese aktiv gestalten. Seine Rolle wird zukunftsgerichteter, strategischer und noch stärker gestaltender Art. Hierbei handelt es sich um eine große Chance für den Controller, die jedoch durch Kompetenzerweiterung entsprechend gefördert werden muss. Die Gestaltung des Transformationsprozesses durch das Controlling ist in den Kern-Controllingprozessen zu berücksichtigen.
Diese können dabei nicht 1:1 auf neue Geschäftsmodelle adaptiert werden, sondern sind maßgeblich neu zu gestalten. Im Prozess Planung und Forecasting bedeutet dies insbesondere die Integration anderer Planungsobjekte sowie neue Anforderungen an Business Cases (z. B. komplette Kundensicht beim Full-Service-Dienstleister). Damit eng verbunden ist die Anpassung des Investitionscontrollings: Lebenszykluskosten in Business Cases sind komplett neu aufzusetzen aufgrund geänderter Geschäftsmodelle und die Risikodimension ist ebenfalls komplett neu zu integrieren (z. B. bei projektspezifischen Finanzierungen oder geänderter operativer Risiken beim Insourcing kompletter Kundenprozesse). Das Management Reporting ist je nach Entwicklungsstufe mit geänderten KPIs und Objekten auszugestalten. Darüber hinaus muss der Umsetzungsstand und Erfolg der Transformation gemessen werden, was ebenfalls eine Kernaufgabe des Management Reportings darstellt. Im Rollenmodell des Controllers bedeutet dies zusammenfassend eine starke Betonung der Business Partner Rolle, welche um die Facette des Change Agents zu ergänzen ist. Mit voranschreitender Servitization eines Unternehmens rückt der Fokus immer stärker von eigenen Produkten und deren Wettbewerbsvorteilen auf die Geschäftstätigkeit des Kunden und die Möglichkeiten ihn bei diesen zu unterstützen. Ein geeignetes Value-based Pricing sollte in seinem Wertverständnis an der Value Proposition angelehnt sein, die man an den Kunden kommuniziert. Vor diesem Hintergrund wurden produktzentrierte und servicezentrierte Ansätze gegenübergestellt. Neben den Anforderungen an die persönliche Kompetenz des Controllers sind Organisation und Prozesse des Servitization-Controllings einer Weiterentwicklung zu unterziehen. Diese besteht aus sechs Teilfacetten: Potenzialsteuerung, Prozessteuerung, Ergebnissteuerung, Verhaltenssteuerung, Performance Measurement und Strategischer Steuerung. Die allgemeinen Beschreibungen und Einordnungen werden im vorliegenden Dream-Car-Bericht durch ausgewählte Beispiele entlang der Servitization-Entwicklungsstufen weiter vertieft.