Nicht nur für den Ausweis, sondern unter Umständen auch für die Folgebewertung spielt die Frage, welche Art von Vermögenswerten Crypto Assets sind eine Rolle. Nicht fungible Kryptowerte (Avatare, virtuelle Grundstücke im Metaverse, digitale Kunstwerke), also sog. Non Fungible Token (NFTs) sind ohne Zweifel immaterielles Vermögen. Bei Zuordnung zum Anlagevermögen (langfristigen Vermögen) unterliegen sie daher IAS 38 i. V. m. IAS 36. Dies bedeutet
- Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten,
- außerplanmäßige Abschreibung bei Wertminderung,
- keine Überschreitung der fortgeführten Anschaffungskosten bei Wertsteigerung.
Schwieriger ist die Sachlage bei Krypto-Währungen.
In Frage könnte auch hier eine Einstufung als immaterielles Vermögen kommen. Eine solche Einstufung ist z. B. vom IFRS IC für Zwecke der IFRS-Rechnungslegung, konkret der Anwendung von IAS 38 bejaht worden (IFRIC Update June 2020). Der u. a. für die Prüfung der Übernahme von IFRS-Standards in europäisches Recht zuständige EFRAG hat in einem Diskussionspapier "Accounting for Crypto-Assets (Liabilities)" vom Juni 2022 hiergegen starke Bedenken vorgebracht. Insbesondere stehe die Ablehnung des IASB gegenüber der Anwendung des Finanzinstrumente einschließlich Geld betreffenden Standards IFRS 9 auf virtuelle Währungen im Widerspruch zur wahrgenommenen Charakteristik und Funktionalität dieser Vermögenswerte.
Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, dass die großen Kryptowährungen, unabhängig davon, ob sie nur in bestimmten virtuellen Welten emittiert und als Transaktionsmittel akzeptiert werden oder auch für Transaktionen außerhalb der virtuellen Sphäre (wie z. B. der Bitcoin) genutzt werden, fungible Vermögensgegenstände sind, die an liquiden, börsenähnlichen Märkten jederzeit in Normalgeld (FIAT-Währung) umgetauscht werden können. Dies unterscheidet sie von den vorrangig in IAS 38 behandelten immateriellen Gütern. In einem gedachten Spektrum mit Patenten, Urheberrechten und ähnlich hoch individualisierten bzw. sogar einzigartigen Gütern auf der einen Seite und Geld als dem universell verwendbaren Gut auf der anderen Seite des Spektrums, liegen virtuelle Währungen sehr viel näher an dem Geldende des Spektrums; dies nicht nur wegen der jederzeitigen Konvertierbarkeit in offizielle Währungen, sondern auch weil sie anders als etwa börsennotierte Aktien, wenn auch z. T. nur in einem begrenzten und virtuellen Universum , als Zahlungsmittel dienen. Diese Geldähnlichkeit lässt den EFRAG eine Behandlung als Finanzinstrumente für mindesten diskussionswürdig halten. Auch das BMF hält in seinem Schreiben zu virtuellen Wirtschaftsgütern fest, dass diese bei Zuordnung zum Anlagevermögen handelsrechtlich unter Finanzanlagen fallen, und sieht im Übrigen virtuelle Währungen als mit Wertpapieren vergleichbare nicht verbriefte Rechte an. Auch der BFH hat die Geldnähe von virtuellen Währungen angenommen, indem er auch unter Bezugnahme auf EuGH-Rechtsprechung und die Richtlinie (EU) 2018/843 festgehalten hat, dass Currency Token"wirtschaftlich betrachtet als Zahlungsmittel anzusehen sind" und "für direkt zwischen den Beteiligten abzuwickelnde Bezahlvorgänge Verwendung finden können". Unbeschadet des Umstands, dass Currency Token nicht unter den zivilrechtlichen Begriff des "Geldes" fallen, seien sie "mit Fremdwährungen jedenfalls insoweit vergleichbar, als Dritte bereit sind, diese zum marktüblichen Umtauschwert gegen Geld, Dienstleistungen oder Sachwerte zu tauschen". Bei aller Geldnähe sind virtuelle Währungen aber – mit Ausnahme des in zwei Ländern als gesetzliches Zahlungsmittel akzeptierten Bitcoins– anders als "echte Fremdwährungen" keine liquiden Mittel i. S. v. IAS 32.11 und IAS 32.AG3 und IAS 1.54(i). Aus vorstehenden Befunden ergeben sich zwei denkbare Konsequenzen:
- Mit dem IFRS IC wird eine Qualifizierung als immaterielles Vermögen vorgenommen. Die oben für NFTs dargestellten Bewertungskonsequenzen gelten dann ebenso. Allerdings ist bei Notierung an liquiden Märkten statt der Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten auch eine zum Neuwert (revaluation) zulässig, wobei die Wertsteigerung nicht GuV-wirksam behandelt wird.
- Wegen der Geldnähe wird ein Vermögenswert eigener Art angenommen, der mangels spezifischer Regelungen in Analogie zu Fremdwährungen oder zu Finanzinstrumenten behandelt wird, mit GuV-wirksamer Bewertung zum jeweiligen Stichtagswert.
Die zweite Lösung ist m. E. konzeptionell besser begründet.