Prof. Dr. Ronald Gleich, Prof. Dr. Heimo Losbichler
Als das Team der Ideenwerkstatt sich erstmals mit dem aktuellen Thema des Dream-Car-Berichts auseinandergesetzt hatte, war noch nicht annähernd klar, von welch aktueller Relevanz Controlling in Krisenzeiten sein würde und vor welche Herausforderungen die Corona-Krise Unternehmen stellen würde!
Das Controlling trägt entscheidend dazu bei, Unternehmen in existenzbedrohenden Situationen auf Kurs zu halten, indem systematische Ansätze bereitgestellt werden. So schwer Unternehmenskrisen auch vorhersehbar sind, lassen sich diese und die damit verbundenen Aufgaben, Instrumente und Prozesse entlang eines Phasenmodells beschreiben – beginnend mit der Krisenerkennung und -vorsorge, über die kurzfristige Überlebenssicherung und Stabilisierung bis hin zur Neuausrichtung und einem potenziellen Neustart. Über alle Phasen hinweg ist die Sicherstellung der Liquidität von überragender Bedeutung. Wichtige Erfolgsfaktoren bilden außerdem das schnelle Erkennen der Krisensituation, um Reaktionszeiten so kurz wie möglich zu halten, das Aufsetzen separater Krisenteams (inkl. entsprechender Controllingbeteiligung) sowie die intensive und hochfrequente Kommunikation mit wesentlichen Stakeholdern.
Da viele gängige Forecastingansätze regelmäßig darin scheitern, Krisensituationen vorherzusehen, kommt der Verwendung von Frühwarnsystemen eine wichtige Bedeutung zu. Diese werden idealerweise mit eindeutig definierten Trigger-Werten und verbindlichen Handlungsanweisungen hinterlegt. Daneben bietet es sich an, Krisenteams schon vor dem konkreten Kriseneintritt klar aufzusetzen und in einem Standby-Modus "mitlaufen" zu lassen. Schlussendlich wurde in der COVID-19-Pandemie sehr offensichtlich, dass das regelmäßige Monitoring von Risiken in Unternehmensprozessen und konkret entlang von Supply Chains frühzeitig Schwachstellen aufdecken kann und muss.
In der eigentlichen Krisenbewältigung gilt zuallererst: Cash is King. Die kurz- bis mittelfristige Liquiditätsposition ist bspw. durch das Abrufen/Ausweiten von Kreditrahmen oder Working-Capital-Maßnahmen abzusichern. In Krisen zeigen sich außerdem Unternehmen mit einer starken Eigenkapitalbasis als besonders widerstandsfähig. Ist die Liquidität sichergestellt, erfolgt im nächsten Schritt das Arbeiten an der Ergebnisbasis. Stumpfes Cost Cutting wird in aktuellen Krisen der Situation nicht mehr gerecht. Klare Analyse, die klare Eingrenzung von Zukunftsthemen an denen nicht gespart werden darf sowie die Identifikation lebensnotwendiger Bereiche und Prozesse erfordern hier maßgeschneiderte Ansätze, welche mit belastbaren Controllinginformationen unterfüttern werden müssen. Erst wenn das Kerngeschäft von Unternehmen nicht mehr aktiv betroffen ist, sollte die Bewältigung der eigentlichen Krisenursachen angegangen werden.
Über die eigentliche Krise hinaus werden in vielen Industrien oftmals die Karten neu gemischt. Unternehmen, welche sich schnell aus dem Krisenmodus heraus entwickeln können, können dabei überdurchschnittliche Wettbewerbsvorteile erzielen. Die hohe Reaktionsgeschwindigkeit ist damit entscheidend – sowohl im schnellen Umschalten auf den Krisenmodus, als auch das Zurückschalten in den Normalmodus. Das Controlling kann dabei dem "Verharren in der Schockstarre" entgegenwirken, indem ebenfalls Kennzahlen und Triggerpunkte definiert werden, welche eine Normalisierung der Situation ankündigen. Jede Krise bietet auch die Chancen für nachhaltige Veränderungen und Verbesserungen getreu dem Motto "Never let a good crisis go to waste". Allerdings gelingt dies nur dann wirklich gut, wenn zum einen Erfahrungen und Lessons Learned systematisch beschrieben und in der Organisation diskutiert werden und zum anderen offensichtliche Dinge abgeschnitten werden, welche nicht für die zukünftige Ausrichtung eines Unternehmens benötigt werden.
Wir danken an dieser Stelle besonders den Unternehmen KÄRCHER, TRUMPF und SIEMENS für die hervorragenden Beiträge und gewährten Einblicke im Rahmen dieses Berichts.