D.I

Grundsätze

 

D.I.1

Die Wertermittlung im Zusammenhang mit dem Wohnungsrecht und dem Nießbrauch erfolgt nach gleichen Grundätzen. Der Nießbrauch ist das umfassendere Recht, da der Berechtigte in der Regel alle Nutzungen aus dem Grundstück ziehen kann, während das Wohnungsrecht im Wesentlichen nur die Wohnnutzung zum Gegenstand hat; diese unterschiedliche Reichweite der Rechte ist sowohl hinsichtlich der wirtschaftlichen Vor- und Nachteile sowie dem Marktverhalten sachgerecht zu berücksichtigen.

 

D.I.2

Beim Nießbrauch und beim Wohnungsrecht sind die jeweiligen dinglichen und ggf. weiteren schuldrechtlichen Vereinbarungen zu beachten. Je nach vertraglicher Ausgestaltung ist daher zu klären, ob ein Recht befristet oder auf Lebenszeit, entgeltlich oder unentgeltlich, eingeräumt wurde und wer die Kosten und ggf. auch die Lasten trägt, die im Zusammenhang mit dem Grundstück sowie dessen Nutzung entstehen.

 

D.I.3

Wohnungsrecht und Nießbrauch sind regelmäßig an das Leben des Berechtigten gebunden. Für natürliche Personen erfolgt deshalb die Ermittlung des Werts des Rechts mit Hilfe von Leibrentenbarwertfaktoren. Bei mehreren Berechtigten ist der Leibrentenbarwertfaktor für Verbindungsrenten anzusetzen. Ist der Berechtigte eine juristische Person, ist von einem angemessenen Zeitrentenbarwertfaktor auszugehen.

 

D.I.4

Als Leibrenten werden periodische Zahlungen (z. B. monatlich oder jährlich) bezeichnet, die bis zum Lebensende des Berechtigten erfolgen. Als Kalkulationsgrundlage von Leibrenten dienen Versicherungsbarwerte (Leibrentenbarwertfaktoren), die auf Grundlage der Sterblichkeitsverhältnisse einer Bevölkerung erstellt werden. Die Leibrentenbarwertfaktoren sind der jeweils am Wertermittlungsstichtag aktuellen Veröffentlichung "Versicherungsbarwerte für Leibrenten" des Statistischen Bundesamtes zu entnehmen. Für den Ansatz von Leibrentenbarwertfaktoren ist die jeweilige Zahlungsweise (insbesondere monatlich und jährlich vorschüssig sowie nachschüssig) maßgeblich.

 

D.I.5

Es ist zu beachten, dass die vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Leibrentenbarwertfaktoren die Lebenserwartung einschließlich der jeweiligen Überlebenswahrscheinlichkeit berücksichtigen. Ein gesonderter Ansatz der Wahrscheinlichkeit, dass der Berechtigte seine statistisch ermittelte Lebenserwartung überschreitet, ist daher nicht vorzunehmen. Mit Ausnahme von Alter und Geschlecht bleiben hierbei die persönlichen Lebensumstände der Berechtigten unberücksichtigt. Dies gilt auch für ein zwischen Wertermittlungsstichtag und dem Zeitpunkt der Gutachtenerstellung erfolgtes Ableben.

 

D.I.6

Bei der Ermittlung des Wertes eines mit einem Wohnungsrecht oder einem Nießbrauch belasteten Grundstücks orientiert sich der Kapitalisierungszinssatz in der Regel an dem objektspezifisch angepassten Liegenschaftszinssatz. Der Kapitalisierung mit dem Liegenschaftszinssatz liegt die Annahme von jährlich nachschüssigen Zahlungsströmen zugrunde. In diesen Fällen ist daher ein jährlich nachschüssiger Leibrentenbarwertfaktor anzusetzen.

 

D.I.7

Bei der Ermittlung des Wertes des Wohnungsrechtes oder des Nießbrauchs kann entsprechend der tatsächlichen Zahlungsströme (z. B. Mieten) ein monatlich vorschüssiger Leibrentenbarwertfaktor sachgerecht sein. Dafür ist ein geeigneter Zinssatz zu wählen; die Wahl ist zu begründen.

 

D.II

Wert des mit Wohnungsrecht bzw. Nießbrauch belasteten Grundstücks

 

D.II.1

Die Wertermittlung des mit einem Wohnungsrecht oder einem Nießbrauch belasteten Grundstücks erfolgt insbesondere ausgehend vom Wert eines fiktiv unbelasteten Grundstücks durch Berücksichtigung wirtschaftlicher Vor- und Nachteile.

Die wirtschaftliche Wertminderung durch das Recht ergibt sich insbesondere aus

  • den entgangenen Mieten oder Pachten und
  • ggf. aus weiteren Aufwendungen, soweit sie nicht bereits beim Ansatz der Mieten oder Pachten berücksichtigt wurden (z. B. Bewirtschaftungskosten).

Die Wertminderung durch das Recht ergibt sich aus den kapitalisierten Vor- und Nachteilen für den Grundstückseigentümer über die Dauer der Inanspruchnahme des Rechts.

 

D.II.2

Vor allem bei selbst genutzten Objekten, wie Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen, insbesondere verbunden mit einer kurzen verbleibenden Dauer der Belastung durch das Recht kann der Wert des belasteten Objektes durch Abzinsung des sich nach Ablauf der Belastung ergebenden Wertes über die verbleibende Dauer der Belastung ermittelt werden. Dabei wird der an das Leben gebundene Abzinsungsfaktor zu Grunde gelegt.

 

D.II.3

Die Übernahme der üblicherweise vom Grundstückseigentümer zu tragenden Kosten und Lasten ist werterhöhend beim belasteten Grundstück zu berücksichtigen, soweit sie nicht anderweitig berücksichtigt wurden. Weitere wirtschaftliche Vor- und Nachteile sind zu berücksichtigen, sofern sie zuvor noch nicht erfasst wurden und dies dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr entspricht.

 

D.III

Wert des Wohnungsrechts bzw. des Nießbrauchs

 

D.III.1

Die Wertermittlung eines Wohnungsrechts oder eines Nießbrauchs erfolgt insbe...

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