Prof. Dr. Saskia Bochert, Prof. Dr. Kai Wiltinger
Die Entwicklung von Objectives and Key Results (OKR) als Methode des Performance Managements bei Intel in den späten 1970er Jahren war die Folge veränderter interner und externer Anforderungen an die Aufbau- und Ablauforganisation in einem schnell wachsenden Unternehmen der sich damals formierenden Personal Computer-Industrie. Andy Grove, der damalige Intel CEO, war der Meinung, dass die Anwendung klassischer Managementinstrumente die kurzfristige Steuerung seines Unternehmens in einem hoch kompetitiven Umfeld bei der Entwicklung des 8080’s Chip nicht gewährleisten können.
Unternehmen, bei denen die Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit hoch sind, befinden sich in einer VUCA World. Bis in die 2010er Jahre schien dies nur für High-Tech-Unternehmen wie Intel, Microsoft und Google oder für Start-ups wie Intuit oder Zalando zu gelten, die OKR oder ähnliche agile Performance Management-Methoden schon früh angewendet haben. Grund hierfür ist sicherlich auch, dass diese Unternehmen fast ausschließlich der IT-Industrie zuzuordnen sind, in der in der Entwicklungssteuerung agile Methoden wie Scrum in kürzester Zeit das alte Wasserfallmodell abgelöst haben. Krisen wie die Covid19-Pandemie und der Ukraine–Krieg haben aber vielen einst als stabil angesehenen Unternehmen die Dynamik, Unsicherheit und Komplexität ihres Unternehmensumfeldes vor Augen geführt und die Unfähigkeit, mit den klassischen Planungs- und Kontrollmechanismen wie der operativen Budget- oder Mittelfristplanung hierauf zu reagieren.
OKR ist neben Beyond Budgeting die einzige beschriebene Methode, um das Performance Management von Teams, Abteilungen bzw. des gesamten Unternehmens agil auf die oben beschriebenen veränderten Bedingungen anzupassen. Durch ihre Anwendung bei Intel ist die Methode zwar sehr früh beschrieben worden, der Durchbruch kam aber erst in den 2010er Jahren, als Google-Manager Rick Klau die Anwendung von OKR bei Google auf einer auf YouTube verfügbaren Konferenz publizierte.
Anders als zum Beispiel bei der Balanced Scorecard, die von Kaplan/Norton in vielen Zeitschriftenbeiträgen und mehreren Büchern definiert wurde, liegt für OKR kein "Handbuch" vor, in dem die Methode und ihre Implementierung detailliert beschrieben werden. Das bekannteste Buch zu OKR ist "Measure What Matters – OKRs – The Simple Idea That Drives 10x Growth" von John Doerr (2017). Aber dieses Buch ist eher ein typisch amerikanisches Management-Buch mit einer Sammlung von Success Stories von Unternehmen wie Google, Intel, Nuna, MyFitnessPal, Intuit, der Gates Foundation, oder YouTube, … aber eben kein detailliertes Handbuch.
Auch im deutschsprachigen Raum gibt es kein solches Handbuch, das ein Unternehmen nutzen könnte, um OKR bei sich einzuführen. Es liegen inzwischen etliche Fallstudien für einzelne Unternehmen vor und nur sehr wenige qualitative und quantitative Studien. Diese zeigen, dass die Implementierungen von OKR durchaus sehr unterschiedlich sind. Zudem bieten inzwischen viele Unternehmensberatungen Schulungen und Unterstützung bei der Einführung von OKR an.