Das Recht der Doppelbesteuerungsabkommen stellt sog. Schrankenrecht dar. Es vermag keine Besteuerungsrechte zu schaffen. Diese können jeweils ausschließlich durch das nationale Steuerrecht begründet werden. Kollidieren die Besteuerungsansprüche beider Staaten auf Basis der nationalen Bestimmungen des Ansässigkeits- und des Quellenstaats, vermeidet ein Doppelbesteuerungsabkommen die zweifache Besteuerung der Einkünfte, indem entweder das nationale Recht eines Vertragsstaats beschränkt wird oder eine Aufteilung der konkurrierenden Besteuerungsrechte vorgenommen wird.

Gewerbliche Einkünfte fallen für die Anwendung eines DBA unter Art. 7 OECD-MA 2017 (Unternehmensgewinne). Unternehmensgewinne dürfen demnach im Ansässigkeitsstaat des Unternehmens bzw. des Unternehmers besteuert werden, es sei denn, die Geschäftstätigkeit wird durch eine im anderen Vertragsstaat belegene Betriebsstätte ausgeübt. Begründet der im anderen Vertragsstaat ansässige Influencer keine Betriebsstätte in Deutschland, steht Deutschland bereits nach nationalem Recht oftmals kein Besteuerungsrecht zu. Zu beachten ist, dass in den Fällen, in denen keine inländische Betriebsstätte[1] angenommen werden kann, dennoch gewerbliche Einkünfte insbesondere nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Bst. d) EStG vorliegen können.[2]

Sind die Einkünfte hingegen als solche aus selbstständiger oder freiberuflicher Arbeit zu klassifizieren, findet in neueren DBA ebenfalls Art. 7 OECD-MA 2017 Anwendung. In älteren DBA findet sich oftmals noch ein gesonderter Artikel für Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (bspw. in Art. 14 DBA Deutschland/Österreich), woraus sich aber grundsätzlich keine abweichenden Rechtsfolgen ergeben. In diesen Fällen geht die speziellere Regelung (Art. 14) vor. Dies gilt auch für alle Fälle, in denen ein anderer gegenüber Art. 7 OECD-MA vorrangiger Artikel zur Anwendung gelangt.[3]

Als vorrangiger Artikel (Verteilungsnorm) kommt für Influencer im besonderen Art. 17 OECD-MA 2017 (Künstler bzw. Entertainer und Sportler) in Betracht, der für Künstler bzw. Entertainer, wie bspw. Bühnen-, Film-, Rundfunk- und Fernsehkünstler, sowie Musiker oder für Sportler das Besteuerungsrecht für Einkünfte dem Staat zuweist, in dem der Künstler bzw. Entertainer, Musiker oder Sportler die Tätigkeit persönlich ausgeübt hat (Tätigkeitsstaat, hier Deutschland). Der Ansässigkeitsstaat (hier Ausland) hat dabei eine etwaige Doppelbesteuerung sowohl in Fällen ohne als auch mit DBA regelmäßig durch Anrechnung der ausländischen Steuer zum Ausgleich zu bringen.

Zu beachten ist, dass es für die Anwendung des Art. 17 OECD-MA keine Rolle spielt, welcher Einkunftsart die Einkünfte nach nationalem Recht zuzuordnen sind. Art. 17 OECD-MA nimmt keinen Bezug zu Einkunftsarten, sondern versucht die grundsätzlich hochmobilen Tätigkeiten von Künstlern, Entertainern, Sportlern und Musikern zu greifen. Voraussetzung ist, dass die konkreten Einkünfte in einem mittelbaren oder unmittelbaren Zusammenhang mit einer bestimmbaren öffentlichen Darbietung stehen. Es muss daher immer die Frage gestellt werden, wofür genau bezieht ein Angehöriger dieser Berufsgruppen konkrete Einkünfte.[4]

Unter Art. 17 OECD-MA fallen ebenfalls Einkünfte aus Werbe-, Ausrüstungs- und ähnlichen Verträgen, soweit sie unmittelbar oder mittelbar mit dem Auftritt im Inland zusammenhängen. Eine Freistellung nach § 50d EStG in Bezug auf einen Steuerabzug nach § 50a EStG ist dann nicht möglich, da das Besteuerungsrecht unvermindert Deutschland zufällt. Hingegen nicht erfasst werden Einkünfte aus Werbeverträgen, die zwar das Image und den Namen des Sportlers oder Künstlers verwerten, aber nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer sportlichen oder künstlerischen Darbietung stehen.[5]

Da die sportliche oder künstlerische Tätigkeit klar im Vordergrund stehen muss, ist der Anwendungsbereich für Influencer als eher gering einzuschätzen, gleichwohl kann eine Anwendbarkeit aufgrund des weiten Verständnisses des abkommensrechtlichen Künstlerbegriffs im Sinne eines Entertainers nicht von vornherein ausgeschlossen werden.[6]

Vergütungen für die Überlassung von Rechten fallen abkommensrechtlich unter Art. 12 OECD-MA 2017 ("Lizenzgebühren"). Zahlreiche deutsche DBA sehen entsprechend dem OECD-MA eine Reduzierung der Quellensteuer auf null vor, wobei generell die Deutschland zustehende Höhe des Quellenbesteuerungsrechts zwischen 5 und10 % liegt. In diesen Fällen ist eine umfassende bzw. teilweise Erstattung nach den §§ 50c, 50d EStG zu beantragen. Eher selten wurde ein Quellenbesteuerungsrecht i. H. v. 15 % vereinbart. Der Antrag ist fristgebunden und erfordert zahlreiche Nachweise.

 
Hinweis

Losgelöste Talkshowteilnahmen

Liegen keine gewerblichen Einkünfte vor[7] und besteht kein unmittelbarer Zusammenhang mit einer sportlichen oder künstlerischen Darbietung, sondern reist der Künstler oder Sportler ausschließlich zwecks Teilnahme an einer Talkshow ins Inland, liegen in der Regel sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG vor....

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