2.1.1 Für wen ist ein IKS überhaupt notwendig/sinnvoll?
Da ein eingespieltes IKS sowohl unternehmensintern als auch im Verhältnis zur Verwaltung auf rechtlicher und tatsächlicher Ebene vorteilhaft ist, ist es grundsätzlich für jedes Unternehmen sinnvoll, ein solches einzurichten und dahingehend sollte das "Ob" heutzutage keine Frage mehr für den wirtschaftlich denkenden Unternehmer darstellen. Im Hinblick auf den Umfang des IKS läuft es aber – soweit keine gesetzlichen Verpflichtungen bestehen – auf eine Abwägung zwischen Aufwand und erlangten Vorteilen hinaus. Die entsprechende Ausgestaltung des IKS wird von verschiedenen Einflussfaktoren bestimmt, die letztendlich mit Art und Umfang des Unternehmens zusammenhängen. Bei der Abwägung gilt es zwingend zu berücksichtigen, dass es sich bei der Implementierung eines IKS nicht um einen einmaligen Vorgang handelt, der nach dessen Einrichtung abgeschlossen wäre, sondern ein solches System einer laufenden Überprüfung und entsprechenden Anpassungen zu unterziehen ist. Dies gilt für Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen, aber auch im Hinblick auf die berücksichtigten Prozesse und Sachverhaltsparameter sowie eine stete Verbesserung bei Feststellungen von potenziellen Fehlerquellen.
Einflussfaktoren
Die konkrete Ausgestaltung eines IKS erfolgt in Abhängigkeit von unterschiedlichen unternehmerischen Faktoren. Dazu gehören die festgelegten Compliance-Ziele, die Größe des Unternehmens, die vorherrschende Unternehmenskultur sowie Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit des Unternehmens.
Hierbei sollten Unternehmen insbesondere die nachfolgenden Kriterien berücksichtigen:
- Unternehmensgröße,
- Art und Umfang der Geschäftstätigkeit des Unternehmens,
- Branche und Betätigungsfelder des Unternehmens,
- nationale oder internationale Ausrichtung der Geschäftstätigkeit,
- die Rechtsform des Unternehmens,
- Organisationsstruktur des Unternehmens,
- Geltungsbereich des IKS,
- festgelegte (Tax) Compliance-Ziele,
- Kontinuität der personellen Zusammensetzung der Steuerfunktion (Fluktuation),
- Anteilseigner- bzw. Gesellschafterstruktur des Unternehmens,
- Kundenkreis des Unternehmens,
- Automationsgrad der Prozessabläufe,
- Grad der Delegation von Aufgaben auf Unternehmensexterne,
- Grad der arbeitsteiligen Bearbeitung und der unternehmensinternen Delegation von Aufgaben.
Bei Fehlern der steuerlichen Abbildung – insbesondere im Bereich der Umsatzsteuer – können nicht nur straf- und bußgeldrechtliche Konsequenzen drohen. Insbesondere bei Fehlbeurteilungen von sich wiederholenden Geschäftsvorfällen kommt es unabhängig von einem zu sanktionierenden Verhalten schnell zu erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen wie z. B. der finalen Belastung mit Umsatzsteuer oder einer Zinsbelastung in hohen Volumina. In Anbetracht dessen ist ein System zur Vermeidung derartiger Belastungen für Unternehmer stets sinnvoll. Die notwendige Ausgestaltung des IKS bzw. der sich ergebenden Prozesse und Prüfschritte ist dabei sehr stark von den Bedürfnissen und der Ausrichtung des jeweiligen Unternehmens abhängig.
2.1.2 Ausgestaltung
Für die Ausgestaltung eines IKS sollte neben den – leider eher spärlichen – Äußerungen von Verwaltung und Rechtsprechung auf die vorhandenen Leitfäden verschiedener Verbände und Organisationen (z. B. der Bundessteuerberaterkammer oder dem Institut der Wirtschaftsprüfer) und auf die vorhandene Literatur zurückgegriffen werden.
Ein erster Schritt zum Aufbau eines IKS für die Umsatzsteuer kann die Erstellung einer Matrix für Eingangs- und Ausgangsleistungen sein. Mit einer solchen Matrix lassen sich alle Leistungsbeziehungen eines Unternehmens erfassen und kategorisieren. Ausgangsleistungen können dabei insbesondere nach Art der Leistung, Art der Leistungsempfänger (B2B oder B2C), Sitzort der Kunden, Herkunftsort der Ware, Bestimmungsort der Ware bzw. Ort der Übergabe der Verfügungsmacht, Steuersatz, Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens und Land der durch den Leistungsempfänger verwendeten USt-IdNr. kategorisiert werden. Der Aufbau einer entsprechenden Leistungsmatrix ist an das jeweilige Unternehmen anzupassen. Werden z. B. ausschließlich Leistungen im Inland für inländische Kunden erbracht, erübrigen sich im Hinblick auf die Steuerbarkeit grds. Angaben zum genauen Sitzort des Kunden und folglich auch Prüfprozesse, wie dieser zu bestimmen ist. Ebenso können Prüfprozesse im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Lieferungen oder die Bestimmung der bewegten Lieferung im Reihengeschäft entbehrlich sein, wenn die Ware das Inland im Rahmen der Lieferungen physisch nicht verlässt.
Eine derartige Übersicht kann als Grundlage bei dem Aufbau eines umsatzsteuerlichen IKS dienen, wenngleich an ein effizientes IKS weitergehende Anforderungen zu stellen sind. So legt der Prüfungsstandard IDW PS 980 n. F. (09.2022) für ein CMS bestimmte zwingende Grundelemente fest, die grundsä...