Eine Funktionsverlagerung liegt nach § 1 Abs. 2 FVerlV 22 vor "[...] wenn eine Funktion einschließlich der dazugehörigen Chancen und Risiken sowie der mitübertragenen oder mit überlassenen Wirtschaftsgüter oder sonstigen Vorteile ganz oder teilweise übertragen oder überlassen wird, so dass das übernehmende Unternehmen diese Funktion ausüben oder eine bestehende Funktion ausweiten kann [...]".
Die amtliche Begründung weist ausdrücklich darauf hin, dass Gegenstand einer Funktionsverlagerung auch ein Teil einer gesamten Funktion, der übertragen oder überlassen worden ist, sein kann, auch wenn nur dieser eine Teil der Funktion des abgebenden Unternehmens verlagert wurde. Die Neufassung lässt dabei offen, wie ein Teil einer Funktion zu definieren ist. Damit besteht weiterhin das Risiko, dass z. B. nur eine von vielen bestehenden Produktionslinien, die verlagert wurde, die Rechtsfolge der Funktionsverlagerung auslöst. Durch diese Fassung sind Unternehmen daher gezwungen, sämtliche betriebliche Prozesse einer Prüfung für die Zwecke der Funktionsverlagerung zu unterwerfen. Das IDW weist zudem in seiner Stellungnahme darauf hin, dass entgegen der Begründung dies auch nicht im Einklang mit der OECD-Verrechnungspreisleitlinie (going concern nach Tz. 9.68) steht. Werden Funktionen teilweise verlagert, sei dies keine Geschäftsbeziehung, die zwischen fremden Dritten mit einem ertragswertorientierten Transferpaket bewertet werden würde. Dies bereits deswegen, weil es an einem Betriebsteil fehlt, dem ein Geschäfts- oder Firmenwert zugeordnet werden kann.
Dem kann nur eingeschränkt gefolgt werden. Maßgeblich kann nicht nur die abgehende (Teil-)Funktion beim verlagernden Unternehmen sein, sondern es ist auch zu sehen, dass durch die Verlagerung das übernehmende Unternehmen in die Lage versetzt wird, diese neue Funktion auszuüben. Ein fremder Dritter wäre bereit, diese Möglichkeit der Renditeerwirtschaftung zu vergüten. Darauf, ob das übernehmende Unternehmen die Funktion in gleicher Weise wie das verlagernde Unternehmen ausübt oder ob es eine vergleichbare Tätigkeit bereits vorher ausgeübt hat, kommt es nicht an.
Gegenüber dem Referentenentwurf des BMF ist hervorzuheben, dass die Ausweitung des Anwendungsbereichs "[...] sowie der gegebenenfalls mit übertragenen oder mitüberlassenen Wirtschaftsgüter [...]" in der Endfassung entfallen ist. Damit wurde den Verbandstellungnahmen Rechnung getragen, wonach es sich gesetzlich bei der Übertragung oder Überlassung von Wirtschaftsgütern oder sonstigen Vorteilen um konstitutive Tatbestandsvoraussetzungen einer Funktionsverlagerung handelt.
Die VWG VP 2023 stellen klar, dass Funktionsverlagerungen zumindest eine Funktionseinschränkung oder eine Funktionseinstellung beim verlagernden Unternehmen voraussetzen. Dies kann z. B. auch darin bestehen, dass die Vertriebstätigkeit eines inländischen Unternehmens zugunsten eines ausländischen verbundenen Unternehmens für eine bestimmte Region eingeschränkt wird.
Für die Beurteilung, ob das übernehmende Unternehmen eine Funktion ausüben kann, kommt es nach BMF nicht darauf an, ob das übernehmende Unternehmen die Funktion auch in gleicher Weise wie das verlagernde Unternehmen ausübt. Eine Funktionsverlagerung liegt nach § 1 Abs. 2 FVerlV auch vor, wenn das übernehmende Unternehmen eine vergleichbare Funktion bereits vorher ausgeübt hat und diese durch die Übernahme der Funktion vom verlagernden Unternehmen ausweiten kann.