Nur ausnahmsweise sehen die DBA wie z. B. Art. 24 DBA Schweiz einen Aktivitätsvorbehalt vor, d. h. die Einkünfte aus passiver Tätigkeit fallen unter die Anrechnungsmethode. Die DBA enthalten Aktivitätsklauseln, die entweder einen eigenen Katalog der "begünstigten" gewerblichen Aktivitäten enthalten oder auf den Katalog der Hinzurechnungsbesteuerung in § 8 AStG verweisen. Das Verhältnis der beiden Rechtsgebiete zu einander war in der Vergangenheit noch nicht höchstrichterlich entschieden.
Spezifisch hierzu hat sich das sächsische FG mit dem Verhältnis des DBA und § 20 Abs. 2 AStG auseinandergesetzt und entscheiden:
- Für die Rechtsfolge des § 20 Abs. 2 AStG – dem Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode – bedarf es einer sich originär aus dem maßgebenden DBA ergebenden Freistellung.
- Verweist ein DBA nicht auf § 8 Abs. 1 Nr. 1-6 AStG, sondern sieht es eigene Aktivitätsklauseln für Betriebsstätteneinkünfte vor, läuft § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG leer.
Hierzu war zunächst das BFH-Verfahren I R 4/21 anhängig. Der BFH hat mit Urteil v. 3.7.2024 nicht nur die Frage des Verhältnisses der Normen entschieden sondern auch weitere Grundsatzfragen insbesondere:
- Soweit in einem DBA auf das AStG verwiesen wird (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 – 6 AStG) erfüllen ausländische Betriebsstätten das dortige Tatbestandsmerkmal "ausländische Gesellschaft".
- Die Verweisung betrifft nicht nur die Regelung der aktiven (Grund-)Tätigkeiten, sondern bezieht die in § 8 Abs. 1 Nr. 1 – 6 AStG vorgesehenen Einschränkungen ein (z. B. die Mitwirkung eines gem. § 7 AStG an der Gesellschaft beteiligten, unbeschränkt Steuerpflichtigen an der Dienstleistung nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG).
- Die in § 20 Abs. 2 AStG vorgesehene Rückausnahme (mit der Rechtsfolge der Steuerfreistellung) kommt im Streitfall nicht zum Zug. Denn die einschlägigen DBA haben die Aktivitätsvorbehalte eigenständig und abschließend selbst geregelt, sodass ein Rückgriff auf § 20 Abs. 2 AStG ausscheidet.
Soweit die DBA in den Aktivitätsklauseln eigene Abgrenzungskriterien aufgestellt haben, werden i. d. R. die Herstellung und der Verkauf von Gütern und Waren, die technische Beratung, technische Dienstleistungen und Bank- bzw. Versicherungsgeschäfte als aktive (unschädliche) Tätigkeiten eingestuft. Notwendig ist eine fast ausschließliche, d. h. 90 %ige aktive Tätigkeit. Nach Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder (n. v.) ist bei der Anwendung der Aktivitätsklausel in den DBA auf die Bruttoerträge abzustellen. Soweit in den Abkommen andere Begriffe (z. B. Einkünfte, Einnahmen) genannt sind, sei dies auf Mängel bei der Übersetzung aus der jeweiligen Verhandlungssprache zurückzuführen. Im Einzelfall kann auch hilfsweise auf den Gesamtcharakter des zu beurteilenden Betriebs, der Betriebsstätte oder der Personengesellschaft abgestellt werden. Hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung können die Grundsätze des früheren Abschnitts 76 Abs. 10 der KStR entsprechend angewendet werden. Hiernach ist z. B. bei erhaltenen Dividenden grundsätzlich auf das Jahr abzustellen, dass in dem Gewinnverteilungsbeschluss der Tochtergesellschaft bezeichnet wurde. Nur in den Fällen, in denen ein Gewinnverteilungsbeschluss fehlt, ist nicht auf das Gewinnentstehungsjahr, sondern auf die Verhältnisse des Jahres abzustellen, in dem sich eine vermögensmäßige Auswirkung ergibt.
Besonderheiten
- Nach den DBA Polen (bis 2004), Rumänien (bis 2003), Singapur (bis 2006) und Tschechoslowakei gehört hingegen die "technische Beratung" nicht zu den aktiven Tätigkeiten.
- Im Aktivitätskatalog des DBA Jugoslawien (Serbien) sind die Bank- und Versicherungsgeschäfte nicht aufgeführt.
- In fünf weiteren DBA ist eine Aktivitätsklausel enthalten, die nur für Schachteldividenden anzuwenden und deshalb für die Besteuerung von Betriebsstättengewinnen natürlicher Personen ohne Bedeutung ist (Griechenland, Iran, Island, Spanien und Thailand).
- Consulting-Dienstleistungen sind passive Einkünfte i. S. der DBA Russland und Rumänien.
Aktivitätsklausel
Ein deutsches Unternehmen beteiligt sich an einer Personengesellschaft in Tschechien, deren Einnahmen zu 50 % aus dem Verkauf von Waren und zu 50 % aus Vermittlungsprovisionen für andere deutsche Firmen bestehen.
Gem. Art. 7 Abs. 1 DBA Tschechoslowakei darf Tschechien als Quellenstaat die Einkünfte der Betriebsstätte des deutschen Unternehmens besteuern. Deutschland vermeidet die Doppelbesteuerung durch Anrechnung der tschechischen Steuer, da die Betriebsstätte die Aktivitätsklausel des Art. 23 Abs. 1 Buchst. c) nicht erfüllt. Eine Freistellung unter Progressionsvorbehalt kommt für diese Betriebsstätte nicht in Betracht.
Abwandlung:
Die tschechische Betriebsstätte erzielt zu 90,1 % Einnahmen aus dem Verkauf von Waren. Lösung wie oben, jedoch stellt Deutschland die Einkünfte der Betriebsstätte unter Progressionsvorbehalt gem. Art. 23 Abs. Buchst. 1a) DBA Tschechoslowakei frei. Eine Anrechnung der tschechischen Steuer ist wegen der Freistellung ausgeschlos...