Entsprechendes gilt, wenn die Rechtsanwender in den Vertragsstaaten Abkommensbestimmungen unterschiedlich auslegen.

 
Praxis-Beispiel

Auslegungskonflikt

Ein in Deutschland ansässiger Musiker enthält als Mitglied einer Musikband (= GbR) Vergütungen für CD-Aufnahmen, die während einer Konzertreise im anderen Staat entstanden sind. Deutschland betrachtet die Vergütungen als Lizenzgebühren i. S. d. Art. 12 OECD-MA, der andere als Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit i. S. d. des Art. 17 OECD-MA, die im anderen Staat ausgeübt wurde.

Lösung:

Sowohl für Sachverhalts-, Subsumtions- oder Auslegungskonflikte (= allgemeine Qualifikations- und Zurechnungskonflikte) muss differenziert werden, ob eine DBA-spezifische Lösung erfolgt oder entsprechend des BMF-Schreibens vorzugehen ist.

  1. Regelung im DBA

    Soweit ein DBA für den Fall von Qualifikations-/Zurechnungskonflikten eine switch-over-Klausel enthält[1], geht der Ansässigkeitsstaat – i. d. R. nach einem erfolglosem Verständigungsverfahren – von der Freistellungs- auf die Anrechnungsmethode über: Im Falle der Doppelbesteuerung rechnet der Ansässigkeitsstaat die ausländische Steuer an. Im Falle der Doppelfreistellung unterlässt er die Freistellung; eine etwaige ausländische Steuer (Besteuerung zu einem nach dem DBA begrenzten Steuersatz) wird entsprechend § 34c Abs. 1 oder Abs. 2 i. V. m. Abs. 6 EStG berücksichtigt.[2]

  2. DBA ohne Regelung

    Enthält ein DBA für den Fall von Qualifikations-/Zurechnungskonflikten keine switch-over-Klausel, sieht das BMF-Schreiben folgende Lösung vor:

    Bei Sachverhalts- oder Subsumtionskonflikten und Auslegungskonflikten ist in dem – wohl allein praktischen – Fall des positiven Qualifikationskonflikts ein Verständigungsverfahren durchzuführen (OECD-MA zu Art. 23, Tz. 32.5) und zu prüfen, ob eine verbliebene Doppelbesteuerung unter dem Gesichtspunkt der sachlichen Unbilligkeit vermieden werden kann.

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