Das OECD-MA enthält abweichend vom deutschen Recht (§ 12 Nr. 8 AO) keine Regelung über die Zusammenrechnung von Betriebsstätten.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Baustellen im "Nahbereich" von 50 km zusammenzurechnen, da davon auszugehen ist, dass in diesem Bereich sowohl ein zentraler Materialeinkauf als auch eine Koordination der einzusetzenden Arbeitskräfte erfolgt.
Maßgebend ist hierbei die zeitliche Reihenfolge, wobei im Ausland belegene Betriebsstätten nicht zu berücksichtigen sind.
Das BMF-Schreiben enthält hierzu folgendes Beispiel:
Zusammenrechnung mehrerer Baustellen
Ein ausländisches Unternehmen soll für einen Auftraggeber aufgrund eines einheitlichen Vertrags ein Netz von Baumärkten errichten, und zwar in Köln, Bonn, Düsseldorf, Emmerich, Arnheim (NL) und Groningen (NL). Zwischen den einzelnen Bauausführungen besteht ein wirtschaftlicher Zusammenhang.
Der geografische Zusammenhang ist nach der zeitlichen Reihenfolge der Errichtung der Betriebsstätten zu bestimmen. Im Ausland belegene Betriebsstätten (Arnheim und Groningen) sind nicht zu berücksichtigen.
Lösung:
Je nach Zeitpunkt ihrer Errichtung sind entweder Bonn und Köln oder Köln und Düsseldorf zusammenzurechnen. Eine doppelte Berücksichtigung eines Ortes ist nicht vorzunehmen.
Die Bauausführung in Emmerich bildet aufgrund der größeren Entfernung eine eigene Betriebsstätte, sofern die zeitliche Komponente erfüllt ist.
Im Einzelnen stellen hierzu die Betriebsstättenverwaltungsgrundsätze folgende Kriterien auf:
- Selbstständige Bauausführungen oder Montagearbeiten sind für die Berechnung der Zeitdauer nicht zusammenzurechnen;
- als selbstständige Projekte können grundsätzlich solche angesehen werden, die für verschiedene Auftraggeber ausgeführt werden, es sei denn, die Projekte bilden wirtschaftlich gesehen eine Einheit (s. o.);
- verschiedene Projekte für Rechnung eines Einzelauftraggebers werden generell als Einheit behandelt, wenn sie aufgrund eines einheitlichen Vertrags ausgeführt werden und ein geografischer Zusammenhang besteht;
werden Arbeiten für Rechnung desselben Auftraggebers aufgrund mehrerer Verträge ausgeführt, werden diese zusammengerechnet, wenn ein Fall einer einheitlichen Ausführung vorliegt. Eine solche Einheit kann bestehen
- in zeitlicher Hinsicht, wenn die verschiedenen Aufträge gleichzeitig oder unmittelbar hintereinander ohne Unterbrechungen ausgeführt werden, und
- in räumlicher Hinsicht, wenn die Arbeiten, auch bei Ausführungen an verschiedenen Orten innerhalb des geografischen Zusammenhangs nur einen Teil eines größeren Ganzen bilden;
- die Tatbestände nach Art. 5 Abs. 3 und Art. 5 Abs. 5 OECD-MA 1992 sind selbstständig zu prüfen. Liegen die Voraussetzungen für eine Vertreterbetriebsstätte nach Art. 5 Abs. 5 OECD-MA 1992 vor, so wird das Unternehmen so behandelt, als habe es eine Betriebsstätte, auch wenn die Bauausführung oder Montage selbst nicht die Voraussetzungen einer Betriebsstätte erfüllt.
- Örtlich fortschreitende Bauausführungen (z. B. Arbeiten an einem Schienen- oder Straßennetz) oder schwimmende Bauausführungen sind i. d. R. wirtschaftlich und geografisch als Einheit anzusehen ohne Rücksicht auf die 50-km-Grenze.
Der BFH hat sich hingegen für die Einzelbetrachtung ausgesprochen; damit ist eine Zusammenrechnung von Baustellen grundsätzlich nicht mehr möglich. Die Finanzverwaltung folgt dem nicht uneingeschränkt, ein partieller Nichtanwendungserlass fordert die wirtschaftliche Betrachtungsweise. Danach sind folgende Aspekte zu prüfen:
- Stehen die Arbeiten in engem zeitlichem Zusammenhang? (Wurden während des Zeitraums der am längsten andauernden Bauarbeiten auch die beiden kürzer andauernden Arbeiten geleistet?)
- Handelt es sich um gleichartige Arbeiten?
- Wurden die Arbeiten für denselben Auftraggeber ausgeführt?
- Sind die Arbeiten organisatorisch durch die Einschaltung einer bestimmten inländischen Kontaktperson verzahnt (die u. a. an Vertragsverhandlungen beteiligt war und/oder deren Privatadresse für den gesamten inländischen Schriftverkehr des ausländischen Unternehmens genutzt wurde)?
Diese Tatsachen begründen den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Bauarbeiten.