Vorbemerkung:
Das DBA Großbritannien n. F. enthält in Art. 32 Abs. 5 eine umfassende Meistbegünstigungsklausel, wobei sich Rentner, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen DBA (1.1.2011) bereits Altersversorgungsbezüge beziehen, auf Dauer für die Zukunft zur Anwendung der Alt- oder Neuregelung entscheiden können.
Beachte: Daher ist in allen Fällen vorab zu prüfen, ob und in welcher Weise die Option ausgeübt wurde.
7.4.1 Rechtslage nach dem DBA a. F. (bis VZ 2010 in Optionsfällen uneingeschränkt)
Private Ruhegehälter und Renten, die aus Quellen innerhalb Großbritanniens stammen und von einer in Deutschland ansässigen und steuerpflichtigen Person bezogen werden, sind nur in Deutschland zu besteuern.
Der Begriff "Rente" ist in Art. X Abs. 3 DBA-Großbritannien definiert. Der Rentenbegriff entspricht im Wesentlichen dem Rentenbegriff des § 22 EStG. Es wird vorausgesetzt, dass eine Verpflichtung (= Rentenstammrecht) vorliegt, die dem Berechtigten entweder für eine bestimmte Zeit (Fall der Zeitrente) oder für eine vom Leben einer Person abhängige Zeit (Fall der Leibrente) eingeräumt ist. Ein Unterschied besteht jedoch darin, dass das DBA-Großbritannien fordert, dass die Rentenzahlung als Gegenleistung für in Geld oder Geldeswert bewirkte angemessene Leistungen erfolgt. Unentgeltlich oder teilentgeltlich erworbene Renten(stammrechte) fallen damit nicht unter Art. X DBA-Großbritannien. Der Anwendungsbereich erstreckt sich daher vorrangig auf den Fall der Kaufpreisrente (Veräußerungsrente) oder der Rente aus Versicherungsverträgen. Bei betrieblichen Versorgungsrenten und bei privaten Versorgungsrenten liegt hingegen die Vollentgeltlichkeit nicht vor. Praktische Bedeutung kommt dieser Unterscheidung jedoch nicht zu, da in diesen Fällen der Auffangartikel für die im DBA-Großbritannien nicht besonders behandelten Einkünfte greift, nach dem das Besteuerungsrecht ebenfalls dem Ansässigkeitsstaat zusteht.
Ruhegehälter aus öffentlichen Kassen unterliegen dem Kassenstaatsprinzip. Wenn ein in Deutschland ansässiger Steuerbürger ein Ruhegehalt aus einer britischen öffentlichen Kasse erhält, ist dieses Ruhegehalt in Deutschland grundsätzlich von der Besteuerung unter Progressionsvorbehalt freizustellen, es sei denn der Ruhegehaltsempfänger besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit, ohne gleichzeitig die Staatsangehörigkeit Großbritanniens zu besitzen. In diesen Fällen greift die Anrechnungsmethode.
Ruhegehälter aus öffentlichen Kassen in Großbritannien
B mit alleinigem Wohnsitz in Böblingen erhält in 04 für eine frühere nichtselbstständige Tätigkeit in Großbritannien eine Rente von der "benefits agency" (= an Executive Agency of the Department of Social Security).
Für Renten aus Großbritannien hat nach Art. X Abs. 2 DBA-Großbritannien der Ansässigkeitsstaat Deutschland das Besteuerungsrecht. Sofern Großbritannien eine Abzugssteuer einbehalten würde, hätte B in Großbritannien einen Erstattungsantrag zu stellen, da Großbritannien kein Quellenbesteuerungsrecht zusteht.
7.4.2 Rechtslage nach dem DBA n. F. (ab VZ 2011, falls nicht zur o. g. Anwendung der Altfassung optiert wird)
Die Regelungen über Altersbezüge (Ruhegehälter, Renten und ähnliche Vergütungen) wurden im neuen DBA grundlegend neu gefasst. Art. 17 DBA n. F. weist das Besteuerungsrecht für diese Zahlungen grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat zu.
Ausnahmen:
- Für Pensionen aus öffentlichen Kassen gilt das Kassenstaatsprinzip.
- Auch bei Bezügen aus der gesetzlichen Sozialversicherung hat der Kassenstaat das alleinige Besteuerungsrecht.
- Förderstaatsklausel: Hat ein Staat die Beiträge zum Aufbau von Ruhegehältern, ähnlichen Vergütungen oder Renten länger als 15 Jahre gefördert, hat er ebenso das alleinige Besteuerungsrecht nach dem Kassenstaatsprinzip. Beiträge sind dann gefördert, wenn sie aus unversteuertem Einkommen aus unselbständiger Arbeit gezahlt wurden, steuerlich abziehbar waren oder einer sonstigen Steuervergünstigung unterlagen.
- Außerdem gilt das Kassenstaatsprinzip auch für Entschädigungszahlungen wie z. B. Kriegsrenten, Wiedergutmachungsleistungen und ähnliche Zahlungen.
Rückausnahme: Das Besteuerungsrecht fällt an den Ansässigkeitsstaat zurück, falls der Kassenstaat sein Besteuerungsrecht tatsächlich nicht wahrnimmt, er die Steuervergünstigung zurückfordert oder die zeitliche Bedingung von 15 Jahren von beiden Staaten erfüllt ist.