Dipl.-Finw. (FH) Wilhelm Krudewig
Für geplante Investitionen können Unternehmer/Freiberufler ihren Gewinn vorab mindern, und zwar ab 2021 bis zur Höhe von maximal 50 % der voraussichtlichen Investitionskosten. Zur Bildung eines Investitionsabzugsbetrags ist allein die Absicht ausreichend, innerhalb der nächsten 3 Jahre abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens anschaffen zu wollen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist eine Investitionsabsicht vorhanden, wenn der Unternehmer
- den Investitionsabzug in seiner ursprünglichen Steuererklärung beantragt hat oder
- den Investitionsabzugsbetrag in der erstmaligen Steuerfestsetzung im Rahmen eines Einspruchs nach einem Schätzungsbescheid geltend macht.
3.1 Investitionsabzugsbetrag auch noch bei bereits erfolgter Anschaffung möglich
Grundsätzlich kann ein Investitionsabzugsbetrag unbefristet und bis zur Bestandskraft des Steuerbescheids geltend gemacht werden. Es ist auf den Zeitpunkt am Ende des Gewinnermittlungszeitraums abzustellen, für den der Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht werden soll. Das heißt, dass
- ein Investitionsabzugsbetrag auch im Rahmen eines Einspruchs beantragt werden kann,
- es ausreicht, wenn die geplante Investition noch durchführbar und objektiv möglich ist.
- sodass der Unternehmer einen Investitionsabzugsbetrag auch dann bilden kann, wenn er das Wirtschaftsgut bereits angeschafft hat, bevor er dafür in seiner Steuererklärung oder in einem nachfolgenden Einspruch einen Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht hat.
- Nach § 7g Abs. 2 Satz 2 EStG (in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2020) kann ein Investitionsabzugsbetrag nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der erstmaligen Steuerfestsetzung oder der erstmaligen gesonderten Feststellung nur in Anspruch genommen werden, wenn das begünstigte Wirtschaftsgut zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Investitionsabzugsbeträge noch nicht angeschafft oder hergestellt worden ist. Diese Einschränkung gilt erstmals für Investitionsabzugsbeträge, die in Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden, die nach dem 31.12.2020 enden.
Hintergrund: Investitionsabzugsbeträge können nicht nur im Rahmen der erstmaligen Steuererklärung, sondern auch durch nachträgliche Beantragung geltend gemacht werden, sofern die entsprechende Steuerfestsetzung verfahrensrechtlich noch änderbar ist (z. B. bei Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO).
Die Möglichkeit, insbesondere im Rahmen von Betriebsprüfungen festgestellte Mehrergebnisse auch noch nach Anschaffung eines Wirtschaftsguts durch Inanspruchnahme des § 7g EStG zu kompensieren, fällt ab dem Jahr 2021 weg. Es soll vermieden werden, die Steuervergünstigung des § 7g EStG auch dann noch zu gewähren, wenn die Inanspruchnahme (also die Wirkung der Steuerminderung) zeitlich deutlich nach dem Investitionszeitpunkt liegt. In diesen Fällen dient der Abzugsbetrag nicht mehr der Finanzierung von Investitionen und widerspricht dem Sinn und Zweck des § 7g EStG, die Finanzierung von künftigen Investitionen zu erleichtern.
Die Regelung betrifft ausschließlich nachträglich beantragte Investitionsabzugsbeträge, die nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der erstmaligen Steuerfestsetzung oder der erstmaligen gesonderten Feststellung, also nach Ablauf der Einspruchsfrist von einem Monat, in Anspruch genommenen wurden, z. B. im Rahmen eines Änderungsantrags nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO. Dadurch bleibt sichergestellt, dass bis zum Ende der Einspruchsfrist der erstmaligen Steuerfestsetzung geltend gemachte Abzugsbeträge weiterhin für begünstigte Wirtschaftsgüter – unabhängig von deren Investitionszeitpunkt – verwendet werden können.
3.2 BFH lässt den Ausgleich mit Steuernachzahlungen durch Betriebsprüfung zu
Nach dem Urteil des BFH vom 23.3.2016 darf das Finanzamt einen Investitionsabzugsbetrag nicht allein deshalb ablehnen, weil der Antrag erst nach einer Außenprüfung gestellt wird. Die Steuervergünstigung kann somit zur Kompensation eines Steuermehrergebnisses bei der Außenprüfung eingesetzt werden.
Bildung zur Kompensation eines steuerlichen Mehrergebnisses ist zulässig
Bei einer Personengesellschaft wurde für den Zeitraum von 3 Jahren eine Außenprüfung durchgeführt. Dabei ergab sich in allen geprüften Jahren eine Erhöhung des bisher erklärten Gewinns. Nach Abschluss der Außenprüfung beantragte die Personengesellschaft einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG für das letzte geprüfte Wirtschaftsjahr i. H. v. 10.000 EUR für die Beschaffung eines bereits im Investitionszeitraum angeschafften Schleppers. Das Finanzamt versagte die Steuervergünstigung, weil der Zweck des § 7g EStG, die Finanzierung der Investition durch die Steuerersparnis zu erleichtern, nicht mehr erreicht werden könne.
Das Finanzgericht gab der Klage statt, weil es beim Investitionsabzugsbetrag (anders als bei der Ansparabschreibung) auf den vom Finanzamt geforderten Finanzierungszusammenhang nicht ankomme. Der BFH stimmte dem zu, obwohl er sich mit der Frage des Finanzierungszusammenhangs nicht auseinander gesetzt hat. Er verwies das Verfahren aber an das Finanzgericht zurück, weil noch zu klären sei, ob am Ende des Wirtschaftsjahrs, für das die Steuerver...