Kläger in dem vorausgegangenen Rechtsstreit war ein Fuhrunternehmer, der für die Anschaffung eines Lkw die Gewährung einer Investitionszulage beantragt hatte. Die Besonderheit des Falles lag darin, dass der Kläger Zweiterwerber des Fahrzeugs war. Zunächst hatte ein anderer Unternehmer (B) das Fahrzeug fabrikneu gekauft, es dann für seine Bedürfnisse nachrüsten lassen und die Verkehrszulassung erworben. Der Lkw wurde von B allerdings in Ermangelung von Aufträgen nie in dessen Betrieb eingesetzt. Als B die erste Mietkaufrate nicht bezahlen konnte, holte die Verkaufsfirma (V) das Fahrzeug bei B wieder ab und legte es straßenverkehrsrechtlich still. Kurze Zeit darauf erwarb der Kläger das Fahrzeug von V. Die vom Kläger beantragte Gewährung einer Investitionszulage lehnte das FA mit der Begründung ab, der Lkw sei bei der Anschaffung durch den Kläger nicht mehr neu gewesen, da er bereits bei B zu dessen Anlagevermögen gehört habe. Dieser Auffassung ist der BFH gefolgt. Zu seiner Entscheidung ist folgendes anzumerken:
1. Nach dem Gesetz (§ 2 Satz 1 InvZulG 1993) wird nur die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens begünstigt. „Neu” wurde bisher im Sinne von „ungebraucht” verstanden (BFH, Urteil v. 13. 3. 1979, III R 71/78, BStBl 1979 II S. 287; seitdem ständige Rechtsprechung und Verwaltungspraxis; vgl. BMF, Schreiben v. 28. 8. 1991, BStBl 1991 I S. 768 Tz. 34). Es genügt hiernach nicht, dass das angeschaffte Wirtschaftsgut „neuwertig” ist.
Geht man von der bisherigen Rechtsprechung aus, ist ein Wirtschaftsgut für den Erwerber neu, wenn es der Veräußerer im neuen Zustand zum Zweck der Veräußerung angeschafft oder hergestellt und bis zur Veräußerung nicht genutzt hat. Die Benutzung zu Probe- und Versuchszwecken, die Überführung eines Kraftfahrzeugs zum neuen Standort im Fördergebiet stellten keine schädliche Nutzung dar. Auch die Herstellung der Betriebsbereitschaft durch Zulassung zum öffentlichen Straßenverkehr wird als unschädlich angesehen.
2. Die Frage, ob die oben dargestellten Voraussetzungen der Investitionszulagegewährung (neu = ungebraucht) im Streitfall vorgelegen haben, lässt der BFH in dem Besprechungsurteil dahinstehen. Nach seiner Auffassung ist ein Wirtschaftsgut ohne Rücksicht auf das Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen – auch dann nicht als „neu” anzusehen, wenn es vor dem Erwerb durch den Investor zum Anlagevermögen eines anderen Betriebs gehört hat und von diesem i. S. d. § 2 Satz 1 InvZulG angeschafft oder hergestellt worden ist. Diese Anforderungen an die Neuheit eines Wirtschaftsguts hält der BFH für geboten, „weil es anderenfalls nicht ausgeschlossen wäre, dass mehrere Personen hinsichtlich desselben Wirtschaftsguts die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 2 InvZulG 1993 erfüllen würden, z. B. neben dem Ersterwerber auch ein Zweiterwerber, sofern er … das Wirtschaftsgut in ungebrauchtem Zustand übernähme.” Einer solchen Weiterveräußerung stünde das Erfordernis des dreijährigen Verbleibens in einer Betriebsstätte im Fördergebiet nicht entgegen, da es für die Verbleibensvoraussetzungen nach § 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1993 ausreicht, wenn das betreffende Wirtschaftsgut – auch nach einer Veräußerung – in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verbleibt.
3. Hiervon ausgehend verneint der BFH die Neuheit des vom Kläger erworbenen Lkw. Denn der Lkw habe bereits vor dem Erwerb durch den Kläger zum Anlagevermögen des B gehört; der Lkw sei dazu bestimmt gewesen, dem Geschäftsbetrieb des B dauernd zu dienen (vgl. § 247 Abs. 2 HGB). Der Annahme eines zulageschädlichen Ersterwerbs durch B stehe auch nicht entgegen, dass B seit dem Erwerb des Lkw keine Aufträge mehr erhalten hat. Denn der Betrieb des B sei im Zeitpunkt der Anschaffung noch ein aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmendes Unternehmen gewesen.
Fazit: Die Investitionszulage ging auf diese Weise verloren: B erhielt sie nicht, weil sein Unternehmen in Konkurs geriet und der Lkw deshalb die Voraussetzungen des dreijährigen Verbleibens (§ 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1993) nicht erfüllen konnte. Der Kläger erhielt sie nicht, weil die Anschaffung des Lkw für ihn ein nicht begünstigter Zweiterwerb war.