Leitsatz
Investitionszulagenbegünstigte nachträgliche Herstellungskosten an einem Gebäude i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InvZulG 1999 können auch vorliegen, wenn ein Gebäude durch Umgestaltung zu einem Mietwohngebäude in seiner Funktion oder in seinem Wesen verändert wird.
Normenkette
§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InvZulG 1999
Sachverhalt
Die Klägerin erwarb im Streitjahr 2000 ein in Brandenburg belegenes Grundstück, das u.a. mit einem früher als Schule mit Lehrerwohnungen genutzten Gebäude bebaut war. Sie führte in 2000 umfangreiche Baumaßnahmen durch und schuf Mietwohnungen, die entgeltlich überlassen werden.
Das FG (FG Brandenburg, Urteil vom 08.12.2004, 5 K 2168/02, Haufe-Index 1318576, EFG 2005, 897) meinte, wenn ein Gebäude für eine andere als die bisherige Nutzung umgestaltet werde, handle es sich um eine "Zweitherstellung", sodass keine nachträglichen Herstellungsarbeiten an einem bereits vorhandenen Gebäude vorliegen könnten.
Entscheidung
Der BFH geht dagegen davon aus, bei der Umgestaltung und Nutzungsänderung eines Gebäudes könne zwar ein neues ("anderes") Wirtschaftsgut entstehen. Solange aber kein bautechnischer Neubau errichtet werde, handle es sich nach wie vor um das bisherige Gebäude, sodass begünstigte nachträgliche Herstellungsarbeiten vorliegen können. Die Sache musste an das FG zurückverwiesen werden. Dieses hat zunächst zu prüfen, ob ein (wegen Belegenheit außerhalb eines Sanierungsgebiets usw.) nicht förderfähiges bautechnisch neues Gebäude (Neubau) entstanden ist. War dies nicht der Fall, kommen begünstigte nachträgliche Herstellungsarbeiten in Betracht, deren Höhe noch festgestellt werden muss.
Hinweis
Die Entscheidung betrifft die Zulagenbegünstigung nach dem 31.12.1998 durchgeführter nachträglicherHerstellungsarbeiten an vor dem 01.01.1991 fertiggestellten Gebäuden nach dem InvZulG 1999, die mindestens 5 Jahre nach Beendigung der Arbeiten der entgeltlichen ÜberlassungzuWohnzwecken dienen. Nach dem Auslaufen der Mietwohngebäudeförderung kommt der Entscheidung nur noch für offene Altfälle Bedeutung zu. Nachträgliche Herstellungsarbeiten an Altbauten sind nach dem InvZulG 2005/2007 nicht mehr begünstigt.
Der BFH vertritt – entgegen der Verwaltungsmeinung (BMF, Schreiben vom 28.02.2003, BStBl I 2003, 218 Rz. 3) – zum InvZulG 1999 die Auffassung, dass Baumaßnahmen an einem vor dem 01.01.1991 fertiggestellten Gebäude auch dann als nachträgliche Herstellungsarbeiten begünstigt, sind, wenn das Gebäude bisher nicht der entgeltlichen Wohnnutzung gedient hat, sondern erst nach Umbau zu einem Wohngebäude der entgeltlichen Wohnnutzung dient.
1. Gegenteiliges kann nicht aus der amtlichenGesetzesüberschrift ("Modernisierungsmaßnahmen an Mietwohngebäuden ...") gefolgert werden. Denn die amtliche Überschrift gibt den Regelungsinhalt lediglich schlagwortartig wieder, ohne alle Einzelheiten zu umfassen.
2. Nach dem einkommensteuerrechtlichenHerstellungsbegriff können zwar zu einer Nutzungsänderung führende Baumaßnahmen als Herstellung eines ("anderen") Wirtschaftsguts beurteilt werden. Danach lägen – wegen Entstehung eines anderen = neuen Wirtschaftsguts – begrifflich eigentlich keine nachträglichen, sondern originäre Herstellungsarbeiten vor, die zu einer nicht förderfähigen "Zweitherstellung" führen. Dementsprechend entsteht, wenn sich die Zweckbestimmung eines Gebäudes oder Gebäudeteils ändert, ein anderes Wirtschaftsgut.
Die Zulagenförderung wird jedoch durch die Entstehung eines neuen Wirtschaftsguts nicht in Frage gestellt. Denn die Zulage stellt nicht darauf ab, dass das neue Wirtschaftsgut vor dem 01.01.1991 entstanden ist, sondern dass das Gebäude vor diesem Zeitpunkt fertiggestellt war.
Die Entstehung eines neuen Wirtschaftsguts im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen und der Nutzungsänderung ist daher unschädlich. Entscheidend ist, dass kein bautechnisch neues Gebäude entstanden ist, sondern dass dieses bereits vor dem 01.01.1991 fertiggestellt war. Auch wenn der Wandel der Zweckbestimmung im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen zur Herstellung eines neuen Vermögensgegenstands (Wirtschaftsguts) i.S.d. § 255 Abs. 2 S. 2 Altern. 1 HGB geführt hat, ändert dies nichts daran, dass gleichwohl das Gebäude als solches bereits vorher fertiggestellt gewesen sein kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.01.2008, III R 9/05