Prof. Dr. Gerrit Brösel, Prof. Dr. Christoph Freichel
Rz. 134
Bei der Veräußerung von Standardsoftware gilt als Realisationszeitpunkt im Fall einer physischen Auslieferung der Software grundsätzlich die Übergabe der Datenträger mit der Software an den Kunden. Sofern keine physische Übergabe, sondern ein Herunterladen, also ein sog. Download, vereinbart wird, gilt der Umsatz – unabhängig vom Akt des Herunterladens und der Installation – dann als realisiert, wenn nachgewiesen werden kann, dass dem Kunden die ggf. erforderlichen Zugangs- und Autorisierungsdaten zum Download zur Verfügung stehen und die Software schließlich (technisch) auch herunterladbar ist. Sofern ein Rücktrittsrecht vereinbart ist, muss dieses erloschen sein, um von einer Umsatzrealisation ausgehen zu können.
Rz. 135
Bei Erstellung kundenspezifischer Software ist gewöhnlich davon auszugehen, dass hierfür mehrere Monate benötigt werden. Erfolgt dies auf Basis eines Dienstvertrags, muss der Umsatz, weil nicht das Ergebnis, sondern lediglich die Tätigkeit geschuldet wird, in Abhängigkeit von den erbrachten Diensten ausgewiesen werden. Gewöhnlich erfolgt die Abrechnung auf Basis eines konkreten Stundensatzes, welcher dann zum Ertrag führt. Als Abrechnungsmodalitäten kommen in Betracht:
- periodenmäßige Abrechnung, z. B. die monatliche Abrechnung von Beratungsleistungen,
- mengen-/volumenmäßige Abrechnung, z. B. Berechnung nach benutztem Speicherplatz, programmierten Zeilen oder Anzahl der gedruckten Seiten,
- Abrechnung nach definierten Projektabschnitten, z. B. Meilensteine oder Teilleistungen, oder
- Abrechnung nach Projektabnahme, z. B. Completed-Contract-Methode.
Rz. 136
Sofern kundenspezifische Software im Rahmen eines Werkvertrags erstellt wird, liegt eine sog. Langfristfertigung vor. In der steuer- und handelsrechtlichen Bilanzierung kommt dabei grundsätzlich nur eine Gewinnrealisierung bei Lieferung und Abnahme des Gesamtwerks infrage (sog. Completed-Contract-Methode). Ausnahmsweise kann eine Teilgewinnrealisierung erfolgen, sofern Teilabnahmen über Teilleistungen, die einen selbstständigen Leistungscharakter aufweisen, vertraglich vereinbart worden sind und auch tatsächlich erbracht wurden. Hierbei muss die Preisgefahr für die jeweilige Teilleistung ebenfalls an den Leistungsempfänger übergegangen sein. Das heißt, der Vergütungsanspruch der in Rede stehenden Teilleistungen muss unabhängig von nachfolgenden Leistungen sein.
Rz. 137
Die Softwarepflegeleistungen, z. B. sog. Telefon- und Onlinesupport und auch die für einen Zeitraum zugesagten, aber nicht näher spezifizierten unregelmäßigen Updates – wobei ein damit verbundener Vertrag gewöhnlich die Fehlerbeseitigung, selten die Funktionserweiterung umfasst –, erfolgen regelmäßig auf Basis von Dauerschuldverhältnissen mit gleichbleibenden Monats- oder Jahreszahlungen. Dies zieht eine Umsatzrealisierung pro rata temporis und beispielsweise monatlich gleichbleibende Umsatzerlöse nach sich. Sofern konkrete Updates oder gar Upgrades vereinbart wurden – Modifikationen oder umfangreiche Überarbeitungen (Wesensänderungen) –, erfolgt die Umsatzrealisation wiederum nach Auslieferung und ggf. Abnahme.
Rz. 138
Wird lediglich ein zeitlich befristetes Nutzungsrecht an einer Software eingeräumt, z. B. SaaS, sind die damit verbundenen Verträge und schließlich auch Erträge hinsichtlich der Realisation wie Miet- bzw. Pachtverträge zu behandeln. Der Umsatzausweis erfolgt also ebenfalls pro rata temporis. Eine solche ratierliche Verteilung der Erlöse auf die in Rede stehende Vertragslaufzeit muss auch erfolgen, wenn das Nutzungsentgelt für den befristeten Zeitraum vor oder zu Vertragsbeginn zu zahlen ist.
Rz. 139
vorläufig frei
Rz. 140
Die Umsatzrealisierung bei Softwareberatungsleistungen ist abhängig von der konkret zu erbringenden Leistung und den damit verbundenen vertraglichen Regelungen. Ist keine konkrete Leistung geschuldet, erfolgen die Abrechnungen gewöhnlich per Zeithonorar; entsprechend ist die Umsatzrealisation pro rata temporis vorzunehmen. Wird hingegen eine konkrete Leistung, wie z. B. die Installation einer Software, vereinbart und somit geschuldet, liegt ein Werkvertrag vor, weshalb die Umsatzrealisation grundsätzlich erst mit Abnahme des Gesamtwerks erfolgen darf.
Rz. 141
Mehrkomponentengeschäfte
Umfassen Verträge mehrere der in den Rz. 134 ff. betrachteten Einzelleistungen, wird von Mehrkomponentenverträgen gesprochen, wobei einerseits zu klären ist, ob eine Trennung der Einzelleistungen möglich und erforderlich ist. Sofern eine Trennung notwendig (und möglich) ist, muss andererseits eine Allokation der Gesamtvergütung erfolgen. Im Hinblick auf die Frage nach der sachlichen Trennung in Einzelleistungen sind diese dahingehend zu überprüfen, ob es sich hierbei um Komponenten handelt, die vom Kunden jeweils selbstständig sinnvoll genutzt werden können. Dies kann insofern überprüft werden, als die Erbringung der einzelnen Teilleistungen jeweils auch von verschiedenen Softwarehäusern oder anderen Unternehmen angeboten wird und zudem kompatibel erbracht wer...