In der Phase der Markteinführung und des Marktwachstums steht die Kalkulation zu Vollkosten im Vordergrund. Die Konkurrenz ist bei Neuprodukten noch nicht ausgeprägt und wenn der Markt das Produkt annimmt, gibt es kein Problem mit dem Preis. Es kommt darauf an, möglichst hohe Deckungsbeiträge zu erzielen. Hier kommen die normalen Standardkalkulationsverfahren mit Vollkostensätzen zum Einsatz. In der Phase der Marktreife sind Konkurrenten im Markt und der Preis fällt tendenziell (vgl. Abb. 4).
Zurückgehende Deckungsbeiträge
Entsprechend haben auch die Deckungsbeiträge eine fallende Tendenz, es sei denn, ein ausgefeiltes Kostenmanagement und der Know-how-Vorsprung gegenüber der Konkurrenz verschafft einen Vorteil. Hier muss die Kalkulation ausgefeilter werden und die Kostenarten und Zuschläge müssen differenzierter betrachtet werden. An dieser Stelle kommt auch die Zielpreiskalkulation, das Target Costing, zum Einsatz. Geht es darum, Preisuntergrenzen zu ermitteln, kommt die Kalkulation zu Grenzkosten zum Einsatz. Wichtig ist, die Kostenspaltung in fixe und variable Kosten anzuwenden und entsprechend die Kalkulation aufzubauen.
Abb. 4: Produktlebenszyklus
Aufträge an der Preisuntergrenze
Langfristig müssen die Preise der Produkte immer die Vollkosten decken und für die Erwirtschaftung eines angemessenen Gewinns sorgen, die Unternehmensentwicklung und ein angemessenes Unternehmenswachstum ermöglichen. Bei vorübergehender Unterbeschäftigung oder bei kurzfristig freien Kapazitäten kann es jedoch im Hinblick auf das Gesamtergebnis des Unternehmens richtig sein, Aufträge zu Preisen anzunehmen, bei denen der Preis die Vollkosten nicht deckt. In dieser Situation bringt jeder Preis, der über den variablen Kosten des Auftrages liegt, einen zusätzlichen Beitrag zur Deckung der fixen Kosten und damit eine Ergebnisverbesserung.
Bei solchen Aufträgen muss bedacht werden, dass Aufträge unter Vollkosten zumindest längerfristig zu erheblichen Liquiditätsschwierigkeiten führen können.
Erfahrungskurveneffekte
Allerdings spielt hier auch die Erfahrungskurve eine Rolle (vgl. Abb. 5). Untersuchungen in US-amerikanischen Unternehmen haben ergeben, dass sich die Lohnstückkosten mit jeder Verdopplung der Ausbringungsmenge um ca. 20–30 % senken lassen. Dies funktioniert mit einem Kostenmanagement. Aber es ist klar, je größer die Ausbringungsmenge, desto rationeller wird gefertigt. Die Handgriffe "sitzen" besser, modernere Technik wird eingesetzt, der Materialfluss wird optimiert, im Einkauf können Mengeneffekte realisiert werden, die Logistik wird effektiver. Auch die Erfahrungskurve wirkt sich mit steigender Ausbringungsmenge auf die Kalkulation aus. Insofern sollten Sie bei wachsendem Absatz diesen Aspekt nicht aus den Augen verlieren.
Abb. 5: Erfahrungskurveneffekt
Voraussetzung ist eine regelmäßige Beobachtung der Stückkosten und die Ausnutzung von Kostensenkungspotenzialen. Hilfreich kann in diesem Zusammenhang ein betriebliches Vorschlagswesen im klassischen Sinn oder ein KAIZEN nach japanischem Vorbild sein. Auch Techniken der Wertanalyse können Sie hier gut einsetzen. Es gilt, die Produktion zu optimieren und Verschwendung zu vermeiden. In Japan heißt das Zauberwort MUDA. Jedem von Ihnen, der sich mit KAIZEN beschäftigt hat, dürfte das japanische Wort für Verschwendung geläufig sein.
Entsprechend der Marktsituation können Sie Ihre Kalkulation anpassen und Ihren Mitbewerbern eventuell "ein Schnippchen schlagen". Mit der Produktlebenszyklusanalyse und der Erfahrungskurve haben Sie entsprechende Instrumente an der Hand.