OFD Frankfurt, Verfügung v. 1.10.1997, S 2299 a A - 3 - St II 27
a) Nachträgliche Vorlage von Steuerbescheinigungen über Körperschaftsteuer
Dividende als Einnahme im Sinne des § 20 Abs. 1 EStG
Die Dividende ist nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu erfassen. Maßgeblich hierfür ist der tatsächliche Zufluß der Gewinnausschüttung, der als ein Ereignis anzusehen ist, das bei Erlaß des Steuerbescheids bereits vorhanden, dem FA aber noch nicht bekannt war. Die Steuerbescheinigung ist insoweit nur Beweismittel im Sinne des § 173 AO.
Anrechenbare Körperschaftsteuer als Einnahme im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG
Die anrechenbare Körperschaftsteuer ist nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu erfassen, Die Vorlage der Steuerbescheinigung ist insoweit materiell-rechtliche Voraussetzung für die Erfassung bei der Einkommensteuerfestsetzung (und zugleich bei der Anrechnung nach § 36 EStG). Die nachträgliche Vorlage einer Steuerbescheinigung ist nur insoweit rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.
Legt der Steuerpflichtige die Steuerbescheinigung erst nach Erlaß des Einkommensteuerbescheids vor, ist die Änderung folglich nach dieser Vorschrift durchzuführen Dabei beginnt die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eintritt. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerbescheinigung erst nach Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung vorgelegt wird. Deshalb ist die Körperschaftsteuer nicht nur auf die Steuer des Anteilseigners anzurechnen, sondern kann auch als Einnahme aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG erfaßt werden.
b) Nachträglich bekannt gewordene Kapitalerträge
Es stellt sich die Frage, wie in den Fällen zu verfahren ist, bei denen zwar nachträglich Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt/bekannt werden (z.B. im Rahmen einer Außenprüfung), eine Änderung des Einkommensteuerbescheids jedoch unterbleibt, da diese nacherklärten Einkünfte den Sparer-Freibetrag sowie den Werbungskosten-Pauschbetrag nicht übersteigen.
Grundsätzlich kann Körperschaftsteuer nur dann gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. f EStG angerechnet werden, wenn sie auch als Einnahme im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG erfaßt ist. Die Kapitalertragsteuer ist nur insoweit auf die Einkommensteuer anzurechnen, als sie auf die bei der Veranlagung erfaßten Einkünfte entfällt § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Dabei ist auch von einem „Erfassen” der Einnahmen bei der Veranlagung auszugehen, wenn diese nach Abzug des Sparer-Freibetrags und des Werbungskosten-Pauschbetrags im Ergebnis unbesteuert bleiben. Demnach ist auch in diesen Fällen eine Anrechnung von Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer nicht ausgeschlossen.
Werden Einkünfte aus Kapitalvermögen, die – wie oben dargestellt – im Ergebnis steuerfrei bleiben, erst nach Ergehen des Einkommensteuerbescheids erklärt/festgesetzt und unterbleibt eine Änderung der Steuerfestsetzung, weil sich weder die Höhe des zu versteuernden Einkommens noch die der festgesetzten Einkommensteuer ändern würde, bitte ich die Auffassung zu vertreten, daß auch nachträglich bekannt gewordene Kapitalerträge bei der Veranlagung „erfaßt” sind, da es sich im Ergebnis auch hier um steuerpflichtige, jedoch durch den Sparer-Freibetrag und den Werbungskosten-Pauschbetrag freigestellte Einkünfte handelt.
Somit ist – innerhalb der Zahlungsverjährungsfrist – auch die auf die nachträglich bekannt gewordenen Einkünfte entfallende Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer anzurechnen (ggf. Änderung der Steueranrechnung gemäß § 130 Abs. 1 AO).
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1