1.3.1 Grundprinzipien
Rz. 6
Die in der betrieblichen Praxis anzutreffenden Kapitalflussrechnungen sind derzeit noch aufgrund der – vor allem in Deutschland – mangelnden gesetzlichen Vorschriften zum Teil sehr uneinheitlich. Unter der zentralen Zielsetzung der Lieferung einer adäquaten Darstellung der Liquiditätslage lassen sich dennoch einige Gestaltungsgrundsätze formulieren, die bei der Erstellung einer Kapitalflussrechnung beachtet werden sollten:
- Verzicht auf Periodisierung: In der Kapitalflussrechnung dürfen nur die tatsächlichen Zahlungsströme der Abrechnungsperiode ausgewiesen werden. Jede Form der Periodisierung würde zu einer Verfälschung dieser Zahlungsgrößen führen.
- Stetigkeit: Um die Vergleichbarkeit auf zeitlicher Ebene zu gewährleisten, dürfen, insbesondere bei der Fondsabgrenzung und bei der Abgrenzung der Bereiche "laufende Geschäftstätigkeit", "Investitionstätigkeit" und "Finanzierungstätigkeit", keine anderen Kriterien als in den Vorjahren zugrunde gelegt werden.
- Bruttoprinzip: Die Saldierung von Ein- und Auszahlungen steht außer Frage, da in einer Kapitalflussrechnung alle Zahlungen eines Unternehmens dargestellt werden sollen.
- Nachprüfbarkeit: Die Kapitalflussrechnung muss für einen sachverständigen Dritten aus den Daten des Rechnungswesens ableitbar sein.
- Wesentlichkeit: Auf den Ausweis einzelner Zahlungen kann nur dann verzichtet werden, wenn der dadurch entstehende Informationsverlust als unwesentlich angesehen werden kann.
Rz. 7
Im Wesentlichen wird von einer Kapitalflussrechnung ein bewertungswillkürfreier Ausweis der Liquiditätsströme einer Periode unter Einhaltung einer materiellen und formellen Kontinuität und Einheitlichkeit gefordert.
1.3.2 Originäre Ableitung
Rz. 8
Hinsichtlich der Erstellung einer Kapitalflussrechnung kann zunächst eine direkte Ableitung aus dem Unternehmen, unter Einbeziehung der Kontenumsätze der Buchhaltung, erfolgen, was weitere Aufgliederungen nach Produkten, Stellen, Bereichen und Segmenten ermöglicht. Diese originär erstellten Kapitalflussrechnungen können beispielsweise durch Zuweisung entsprechender (zweistelliger) Kontierungsschlüssel zur Aufspaltung der Geschäftsvorfälle in zahlungswirksame und zahlungsunwirksame Vorgänge verwendet werden. Durch die direkte Anknüpfung an die Konten der Buchhaltung kann diese Ableitung nur intern durchgeführt werden. Allerdings finden sich in der Praxis nur wenige Buchhaltungssysteme, die die originäre Ableitung ermöglichen. Aktuelle Entwicklungen im Rahmen der Entwicklung von Systemen zur Unterstützung der Konzernrechnungslegung gehen aber in die Richtung, dass die originäre Ableitung vermehrt bei der Ableitung der Konzernkapitalflussrechnung zur Anwendung kommen könnte.
1.3.3 Derivative Ableitung
Rz. 9
Zum gleichen Endergebnis wie die originär abgeleitete führt aber auch die derivativ abgeleitete Kapitalflussrechnung, die nur auf Basis zweier aufeinanderfolgender Jahresabschlüsse erstellt werden kann. Dieses Verfahren ist sowohl unternehmensintern als auch -extern durchführbar. Die Rechnung enthält dadurch aber im Einzelabschluss i. d. R. auch keine Zusatzinformationen, sondern stellt lediglich eine Umstrukturierung und Komprimierung der im Jahresabschluss gegebenen Informationen nach finanzwirtschaftlichen Gesichtspunkten dar.
Rz. 10
Die derivative Ermittlung der Kapitalflussrechnung baut auf dem bereits erstellten Jahresabschluss auf. Hierfür muss gedanklich zunächst eine Veränderungsbilanz erstellt werden, die aus der Beständedifferenzenbilanz abgeleitet werden kann. Die Veränderungsbilanz resultiert aus den Salden der einzelnen Bestände zweier aufeinanderfolgender Stichtagsbilanzen. Diese Salden stellen zunächst einmal die sogenannte Beständedifferenzenbilanz dar.
Beständedifferenzenbilanz |
Aktivzunahmen |
Passivzunahmen |
Aktivabnahmen |
Passivabnahmen |
Abb. 1: Schematische Darstellung der Beständedifferenzenbilanz
Rz. 11
Durch Umgliederung der negativen Beständedifferenzen auf die jeweils andere Seite der Bilanz ergibt sich ein Bewegungsbild, wobei die ermittelten Bestandsdifferenzen als Mittelbewegungen interpretiert werden können, die die finanzwirtschaftlichen Vorgänge anzeigen. Die so erstellte Bewegungsbilanz kann vereinfacht wie folgt dargestellt werden:
Mittelverwendung |
Mittelherkunft |
Aktivmehrungen |
Passivmehrungen |
Passivminderungen |
Aktivminderungen |
Abb. 2: Schematische Darstellung der Bewegungsbilanz
Rz. 12
Die Finanzflüsse sind jedoch noch nicht direkt aus der Bewegungsbilanz zu entnehmen, da beispielsweise Aktivminderungen auch durch nicht zahlungsbegleitete Abschr...