Steuerliche Folgen ergeben sich im Rahmen der Liquidation sowohl auf der Ebene der Kapitalgesellschaft als auch auf der Ebene der Anteilseigner. Auf der Ebene der Kapitalgesellschaft findet die Ermittlung des Liquidationsergebnisses statt, die anschließende Vermögensverteilung betrifft die Ebene der Gesellschafter. Dies ergibt sich aus dem folgenden Schaubild:

3.1 Besondere Besteuerung nach § 11 KStG

Die Besteuerung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft in Liquidation erfolgt nach § 11 KStG. Hierbei handelt es sich um ein besonderes Verfahren, bei dem der im Liquidationszeitraum erwirtschaftete Gewinn der Besteuerung zugrunde gelegt wird. Damit soll insbesondere erreicht werden, dass vorhandene stille Reserven steuerlich erfasst werden. Im Rahmen des § 11 KStG gilt der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz nicht mehr, die im Übrigen sonst geltenden Vorschriften sind auf die Gewinnermittlung anzuwenden.[1] Voraussetzung für die Anwendung von § 11 KStG ist die Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft. Daher gilt § 11 KStG nicht bei Scheinliquidationen, wenn die GmbH nach ihrer Auflösung weiterhin wirtschaftlich tätig ist.

Eine Ausnahme bildet die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Obwohl hier eine Abwicklung unterbleibt, ist § 11 Abs. 16 KStG sinngemäß anzuwenden.[2]

3.2 Besteuerungszeitraum

Während normalerweise der Gewinn einer Kapitalgesellschaft gem. § 7 Abs. 4 KStG nach dem Wirtschaftsjahr ermittelt wird, ist bei der Liquidation der im Abwicklungszeitraum erzielte Gewinn der Besteuerung zugrunde zu legen.[1] Der Abwicklungszeitraum beginnt mit der Auflösung der Gesellschaft und endet mit der Schlussverteilung des Gesellschaftsvermögens. Der Abwicklungszeitraum stimmt i. d. R. weder vom Verlauf noch von der Dauer mit dem Kalenderjahr überein. Er kann kürzer sein, ist aber meist länger als ein Kalenderjahr. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG soll der Besteuerungszeitraum 3 Jahre nicht übersteigen. Hierbei handelt es sich um 3 Zeitjahre (= 36 Monate).

3.2.1 Beginn des Besteuerungszeitraums

Der Liquidationsbesteuerungszeitraum beginnt mit der Auflösung der Gesellschaft. Ein Beschluss der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft über die Auflösung wird mit dem Tag der Beschlussfassung wirksam, sofern sich aus dem Beschluss nichts anderes ergibt.[1] Bei Auflösung innerhalb eines Wirtschaftsjahrs kann ein Rumpfwirtschaftsjahr gebildet werden, das den Zeitraum vom Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs bis zur Auflösung umfasst.[2] § 8b Abs. 1 EStDV ist sinngemäß anzuwenden.[3]

Nach der Rechtsprechung besteht sogar eine Verpflichtung zur Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahrs. Dieses ergibt sich aus der handelsrechtlichen Verpflichtung zur Erstellung einer Liquidations-Eröffnungsbilanz und der Bindungswirkung des Handelsrechts für das Steuerrecht.[4] Das Rumpfwirtschaftsjahr ist nicht in den Abwicklungszeitraum einzubeziehen.[5]

 
Praxis-Beispiel

Auflösung einer GmbH – Liquidationsbesteuerungszeitraum (1)

Die X-GmbH hat ein Wirtschaftsjahr, das mit dem Kalenderjahr übereinstimmt. Die Gesellschafterversammlung beschließt die Auflösung der GmbH mit Wirkung zum 01.01.06.

Für das Kalenderjahr 05 ist eine normale Körperschaftsteuer-Veranlagung durchzuführen. Dieser ist der Gewinn des Wirtschaftsjahres 1.1.05 bis 31.12.05 zugrunde zu legen. Der Liquidationszeitraum beginnt am 1.1.06. Ein Rumpfwirtschaftsjahr entsteht nicht.

 
Praxis-Beispiel

Auflösung einer GmbH – Liquidationsbesteuerungszeitraum (2)

Die X-GmbH hat ein Wirtschaftsjahr, das mit dem Kalenderjahr übereinstimmt. Zum 1.6.06 beschließt die Gesellschafterversammlung die Auflösung der GmbH.

Die X-GmbH kann zum 31.5.06 eine Bilanz erstellen und damit ein Rumpfwirtschaftsjahr vom 1.1.06 bis 31.5.06 bilden. Dieses Rumpfwirtschaftsjahr ist nicht in den Liquidationsbesteuerungszeitraum einzubeziehen.

Die X-GmbH kann jedoch den Zeitraum 1.1.06 – 31.5.06 in die Liquidationsbesteuerung einbeziehen. Damit wird der Beginn des Liquidationsbesteuerungszeitraums auf den 1.1.06 vorverlegt.

 
Praxis-Beispiel

Auflösung einer GmbH – Liquidationsbesteuerungszeitraum (3)

Die X-GmbH hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr zum 30.6. Die Gesellschafterversammlung beschließt die Auflösung der GmbH zum 1.1.06. Bilanzen werden auf den 30.6.05 und auf den 31.12.05 erstellt.

Die Bilanzerstellung zum 31.12.05 führt zur Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres 1.7.05 bis 31.12.05. In die Körperschaftsteuer-Veranlagung für das Kalenderjahr 05 sind sowohl das Ergebnis des abweichenden Wirtschaftsjahres 1.7.04 bis 30.6.05 als auch das Ergebnis des Rumpfwirtschaftsjahres 1.7.05 bis 31.12.05 einzubeziehen. Der Liquidationsbesteuerungszeitraum beginnt am 1.1.06

[2] Wahlrecht gem. R 11 Abs. 1 Satz 3 KStR 2022.
[3] R 11 Abs. 1 Satz 3 KStR 2022.
[5] R 11 Abs. 1 Satz 6 KStR 2022

3.2.2 Dauer des Liquidationsbesteuerungszeitraums

Nach § 11 Abs. 1 KStG soll der Besteuerungszeitraum 3 Jahre nicht übersteigen. Da es sich um eine Sollbestimmung handelt, w...

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