Prof. Dr. Stefan Müller, Dr. Jens Reinke
Rz. 57
Nach den allgemeinen Vorschriften des § 242 Abs. 3 HGB besteht der Jahresabschluss für alle Unternehmen aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung. Für Kapitalgesellschaften wird der Jahresabschluss nach § 264 Abs. 1 HGB – mit Ausnahme der Kleinstkapitalgesellschaften – um einen Anhang erweitert. Unternehmen, die dem Publizitätsgesetz unterliegen, haben – mit Ausnahme der Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften – ebenfalls einen Anhang aufzustellen (§ 5 Abs. 2, 3 PublG).
Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Anhang bilden grundsätzlich eine untrennbare Einheit (§ 264 Abs. 1 HGB) und damit insgesamt den Jahresabschluss. Solange einer dieser 3 Teile fehlt, ist der Jahresabschluss noch nicht wirksam aufgestellt. Die Vorschriften über Aufstellung, Prüfung, Feststellung und Offenlegung des Jahresabschlusses beziehen sich daher auf den einheitlichen Jahresabschluss, bestehend aus allen 3 Teilen.
Andererseits bedeutet das Prinzip der Einheit des Jahresabschlusses, dass es im Ermessen des Unternehmens liegt, ob Pflichtangaben in der Bilanz, in der Gewinn- und Verlustrechnung oder im Anhang gemacht werden. Da Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang gleichberechtigte Teile des Jahresabschlusses sind, genügt es, wenn Pflichtangaben in einem der 3 Teile enthalten sind.
Rz. 58
Zusätzlich zum Jahresabschluss haben mittelgroße und große Kapitalgesellschaften nach § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB einen Lagebericht aufzustellen. Der Lagebericht ist nicht Teil des Jahresabschlusses. Einzelheiten zum Lagebericht sind in § 289 HGB enthalten. Unternehmen, die dem Publizitätsgesetz unterliegen, haben – mit Ausnahme der Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften – ebenfalls einen Lagebericht aufzustellen (§ 5 Abs. 2, 3 PublG).
Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, die nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet sind, haben nach § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB zudem den Jahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel zu erweitern, die mit der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung sowie dem Anhang eine Einheit bilden. Zusätzlich kann der Jahresabschluss um eine Segmentberichterstattung erweitert werden.
Darüber hinaus haben große kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften mit im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Beschäftigten bis zum Geschäftsjahr 2023 den Lagebericht um eine nichtfinanzielle Erklärung zu ergänzen; ab dem Geschäftsjahr 2024 ist eine Nachhaltigkeitsberichterstattung im Lagebericht nötig. Börsennotierte Aktiengesellschaften und solche, die andere Wertpapiere an einem organisierten Markt ausgegeben haben, müssen eine Erklärung zur Unternehmensführung abgeben.