Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Willner
1.1 Elektronische Kassensysteme
1.1.1 Bargeldintensive Branchen im Visier
Die Erfassung der baren Geschäftsvorfälle steht ganz besonders im Fokus einer jeden Betriebsprüfung. Umso mehr, wenn Unternehmen geprüft werden, bei denen Bargeld eine tragende Rolle im geschäftlichen Alltag spielt. Dass der Fiskus der Bargeldbranche vehement den Kampf angesagt hat, hat sich längst herumgesprochen. Auch die Presse wird nicht müde, immer wieder Berichte zu veröffentlichen, in denen es angeblichen Steuerbetrügern an den sprichwörtlichen Kragen ging. Einige Branchen haben es dabei schwerer als andere, nicht automatisch ins Fadenkreuz der Ermittler zu gelangen. Der Verdacht, Gastwirte, Taxiunternehmer und Automatenaufsteller u. a. verkürzten ihre Umsätze, ist zwar nicht gänzlich von der Hand zu weisen, generell ausgesprochen jedoch unbegründet.
1.1.2 Manipulierbare elektronische Kassensysteme
Von manipulierbaren elektronischen Kassensystemen ist die Rede. Systeme, mit deren Hilfe der Unternehmer in der Lage sein soll, seine Bargeschäfte nachträglich auf ein steuerliches Mindestmaß zu reduzieren. Dabei ginge es doch viel einfacher. Der Verzicht auf jegliche Dokumentation wäre naheliegend und hinterließe keine Spuren: Gezählt wird nur, was gezählt werden soll.
Warum also sollen Geschäftsvorfälle elektronisch zunächst erfasst werden, um sie anschließend wieder umständlich zu eliminieren? Doch genau das ist gängige Praxis. Ein zwar riskantes Unterfangen, das aus Sicht des Unternehmers nämlich nicht nur steuerliche Vorteile bietet. Weder Kunden noch Angestellte erahnen, was sich hinter den Kulissen abspielt.
Unter dem Schlagwort "Spurlose Korrektur", werben einige Anbieter von Schummelsoftware sogar im Internet schamlos für ihre Produkte. Auf den ersten Blick scheinen sich die Versprechen zu bewahrheiten. Wie hoch das Entdeckungsrisiko tatsächlich ist, kann zum Zeitpunkt der "Nachbesserung" aber nur schwer abgeschätzt werden. Hauptrisikofaktor ist die Zeit. Sie spielt den Finanzbehörden in die Karten. Undichte Stellen gibt es überall. Je länger vermeintlich gefahrlose Tricks zur Anwendung kommen, desto größer die Gefahr erkannt zu werden. So können auch Jahre später noch Straftaten aufgedeckt werden.
Es ist nicht beabsichtigt, an dieser Stelle Tipps und Tricks zur Manipulation von elektronischen Registrierkassen und deren Daten weiterzugeben. Alle hier aufgeführten Manipulationsmöglichkeiten sind hinreichend bekannt und hätten keine Aussicht bei Betriebs- oder Steuerfahndungsprüfungen unerkannt zu bleiben.
1.1.3 Unternehmer allein für Folgen verantwortlich
Um digitale Daten steuerschädlich zu verändern, ist nicht unbedingt eine spezielle Hard- oder Software erforderlich. Manipulationen sind grundsätzlich mit allen Systemen möglich. Ob Daten ordnungsgemäß im System erfasst und verarbeitet werden, bestimmt der Anwender. Allerdings gibt es Kassensysteme und Software, die insbesondere nachträgliche Veränderungen nahezu unerkannt zulassen, und Kassensysteme und Software, die über entsprechende interne Schutzmechanismen verfügen, um genau das zu verhindern. Was tatsächlich im System abläuft, lässt sich selten lückenlos nachverfolgen, denn nicht immer wird jegliche Kassenaktivität explizit und jederzeit abrufbar ins systemeigene Protokoll übernommen.
Auch wenn einige Kassensysteme dem Betrüger die "Arbeit" erleichtern, andere vielleicht sogar dabei behilflich sind, an der steuerlichen Stellschraube in die falsche Richtung zu drehen, darf nicht verkannt werden, dass der Unternehmer alleine für die Folgen verantwortlich ist. Selbst wenn die Kasse während einer Steuerprüfung – wie tatsächlich in einem Restaurant geschehen – "versehentlich" ins Spülbecken fallen sollte, trägt der Steuerpflichtige hierfür die alleinige Verantwortung.
Aber es geht auch eleganter. Der Trickreichtum gepaart mit einer Prise Erfindungsgeist und einem Schuss krimineller Energie ist nahezu grenzenlos. Nicht nur in Einzelfällen wurde bekannt, dass die Erläuterungen spezieller "Umsatztricks" sogar zum festen Bestandteil des Verkaufsgesprächs geworden sind. Der Verkäufer macht sich in solchen Fällen einer vorsätzlichen oder leichtfertigen Pflichtverletzung schuldig, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann. Arbeitet der Unternehmer letztlich mit diesen Tricks, kann er seine Verantwortung dennoch nicht auf den Kassenaufsteller abwälzen.
Manipulationsfähige Kassen haben sich nach Aussage mutiger Kassenaufsteller zu einem wahren Verkaufsrenner gemausert. "Die Antwort auf die Frage 'Lässt sich da was machen?' entscheidet vielfach darüber, ob die Kasse bei mir oder der Konkurrenz erworben wird", so ein Verkäufer. Der Boom scheint bis dato ungebrochen. Ein manipulationssicheres System in der Gastronomie zu verkaufen, galt zumindest in der Zeit bis 2017 als praktisch unmöglich.
1.2 Lieber Tasche statt Kasse
So wenig sich dieser Spruch reimt, so wenig brauchbar ist auch sein Inhalt. Umsätze, die nie mittels Kasse erfasst wurden, braucht man nachträglich nicht aufwendig frisieren, so die Überzeugung vieler, die noch nicht erwischt wurden. Eine ebenso einfache, wie gefährliche aber weit verbreitete Möglichkeit, steuerpflichtige Einnahmen am Fiskus vorbeizuschleusen...