Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Willner
4.1 Betrugsbekämpfung in Deutschland
In Deutschland wird es auch nach 2016 und nach der Einführung weiterer verschärfter Vorschriften, die gem. Kassengesetz vom 22.12.2017 ab 2020 in Kraft getreten sind keine Verpflichtung zur Führung einer elektronischen Registrierkasse geben. Selbst größere Unternehmen mit überwiegendem Barverkehr dürfen weiterhin eine offene Ladenkasse einsetzen, d. h. ihre Einnahmen vereinfacht im Wege des summarischen Abgleichs von Tagesendbestand und Tagesanfangsbestand ermitteln.
Einfachst-Kassenführung Supermarktkette
Eine große Lebensmittelkette ersetzt alle ihre elektronischen Kassensysteme durch offene (Schub-)Ladenkassen. Die verkauften Artikel werden nicht registriert, der Kunde bekommt keinen Kassenbon. Einzelaufzeichnungen sind unzumutbar. Die Kassiererin errechnet die Kaufsumme im Kopf, handschriftlich oder mit einem Taschenrechner. Im täglichen Kassenbericht wird lediglich der retrograd errechnete Tagesumsatz in einer Summe dokumentiert. In der Praxis kaum vorstellbar, aber erlaubt!
Weniger steuerliche Gründe, als fehlende Personalkontrolle u.ä. zwingen den Unternehmer von einer Einfachst-Kassenführung abzusehen. Hinsichtlich der steuerlichen Einnahmenerfassung wäre mit offenen Ladenkassen schon einiges möglich. Ohne Registrierung heißt: Gezählt wird nur das, was gezählt werden soll.
Lange Zeit war der Gesetzgeber der Auffassung, die konsequente Umsetzung der bestehenden gesetzlichen Vorschriften allein reiche aus, um der unehrlichen Einnahmenerfassung Einhalt zu gebieten. Dafür brauche es keine Registrierkassenpflicht, keine Fiskalspeicherpflicht und keine Belegausgabepflicht.
Für die Umsetzung und Kontrolle wäre allerdings ein enorm hoher Prüferaufwand erforderlich. Inzwischen wurde erkannt, dass nur deutlich verschärfte Vorschriften, vor allem im Bargeldbereich, zum Ziel führen können. Im Kassengesetz vom 22.12.2016 wurden die Neuregelungen und Änderungen zusammengefasst. Einige Vorschriften traten bereits mit Veröffentlichung des Gesetzes am 29.12.2016 in Kraft, die Kassennachschau darf seit dem 1.1.2018 durchgeführt werden, andere Vorschriften wurden erst ab 2020 bzw. werden ab 2023 wirksam.
Journaldaten sind grundsätzlich seit dem 1.1.2017 aufbewahrungs- und vorlagepflichtig.
Um neben den allgemeinen Prüfungsschwerpunkten auch die Journaldaten der Registrierkassen vernünftig auswerten zu können und um gleichzeitig die Neuregelungen des Kassengesetzes 2016 im Rahmen der Prüfung umzusetzen, benötigt ein Prüfer deutlich mehr Zeit. Überschlägig gerechnet sind hierfür mindestens 2 bis 3 Tage zusätzlich erforderlich. Dies verlängert die Gesamt-Prüfungsdauer erheblich.
Diese erforderliche Mehrzeit zur konsequenten Umsetzung der bestehenden Vorschriften wird den Prüfern aber längst nicht in allen Bundesländern zugestanden. Es ist deshalb zu befürchten, dass es vielfach bei den aus früheren Zeiten bekannten "Scheingefechten" bleiben wird.
4.2 Grundvoraussetzung wirksamer Betrugsbekämpfung: Maschinell auswertbare Daten
Wie lange eine Prüfung dauert, wenn neben der Finanzbuchhaltung zusätzlich die Daten eines elektronischen Aufzeichnungssystems geprüft werden, liegt oft daran, wie der Datenbestand strukturell beschaffen ist, der dem Prüfer vorgelegt wird. Entscheidend ist ebenso, wie der Prüfer die gesetzliche Forderung nach maschinell auswertbaren Daten interpretiert und in der Prüfungspraxis umsetzt. Was er braucht, um die korrekte Erfassung der Bargeschäfte prüfen zu können, sind auswertbare Daten. Kann er diese nämlich nicht auf seinem PC einlesen und mithilfe seiner Bordmittel analysieren, gelten sie als maschinell nicht auswertbar. Solche Daten sind für Prüfungszwecke wertlos. Die Kassenführung wäre erheblich mängelbehaftet und würde verworfen werden. Die Daten müssen in einem allgemein gebräuchlichen Format übergeben werden. Liegen lediglich Datensicherungen im sog. Inhouse-Format vor, kann der Prüfer nicht auf diese zugreifen. Aber selbst, wenn er die Daten ohne Mühe einlesen kann, bleibt immer noch die sachgerechte Aufbereitung. Sie ist Grundvoraussetzung jeglicher Detailprüfung. Erst dann, wenn die Daten auch sinnvoll aufbereitet werden können, gelten sie als auswertbar im Sinne der Abgabenordnung.
Ist der Außenprüfer nicht in der Lage, die Daten in angemessener Zeit einzulesen und aufzubereiten, so kann er die Kassenführung nicht überprüfen. Was den zeitlichen Aspekt für diese vorbereitenden Maßnahmen betrifft, gehen die Auffassungen auch innerhalb der Finanzbehörden weit auseinander. Der Gesetzgeber hat nicht genauer definiert, was unter maschineller Auswertbarkeit im einzelnen zu verstehen ist. Zwar gibt er vor, die Daten müssten auf einem maschinell auswertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt werden. Aber wie viel Zeit darf die Auswertung in Anspruch nehmen? Was einem speziell hierfür ausgebildeten EDV-Fachprüfer innerhalb eines relativ geringen Zeitrahmens möglich ist, schafft ein durchschnittlich geschulter "Normalprüfer" vielleicht erst nach tagelangem Herumprobieren. Was ist angemessen?
Kassendaten bestehen regelmäßig aus einer Vielzahl einzelner Dateien. Jede dieser ...