Leitsatz
Der von Bausparkassen gebildete "Fonds zur bauspartechnischen Absicherung" war bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens nicht abziehbar.
Normenkette
§ 103 Abs. 3 BewG a.F., § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG, § 21a KStG a.F., § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 6 Abs. 1 BausparkG a. F., § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB
Sachverhalt
Die Klägerin bildete ab dem Jahr 1991 den durch § 6 Abs. 1 Satz 2 BausparkG a.F. eingeführten Sonderposten "Fonds zur bauspartechnischen Absicherung" und bilanzierte ihn nach der Position "Rückstellungen" und vor der Position "Sonderposten mit Rücklagenanteil". Der Fonds wurde auch in den Steuerbilanzen als Passivposten berücksichtigt.
Gleichwohl versagte das FA einen Abzug der Fondsmittel bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1. Januar 1996 und auf den 1. Januar 1997. Auch nach Auffassung der Vorinstanz (Hessisches FG, Urteil vom 22.5.2013, 4 K 3141/11, Haufe-Index 7604148) handelte es sich bei dem Fonds um eine nach § 103 Abs. 3 BewG a.F. nicht abziehbare Rücklage.
Entscheidung
Auch die Revision hatte keinen Erfolg.
Die in § 21a KStG a.F. auch als solche bezeichnete Rücklage ist bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens gemäß § 103 Abs. 3 BewG a.F. nicht abziehbar, da ihr Abzug nicht durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. Der Grundsatz der Bestandsidentität zwischen der Steuerbilanz und der Vermögensaufstellung wird durch § 103 Abs. 3 BewG a.F. eingeschränkt.
Der "Fonds zur bauspartechnischen Absicherung" ist auch kein Posten, der steuerbilanzrechtlich unabhängig von § 21a KStG a.F. zu berücksichtigen wäre.
Denn der Fonds hat nicht den Charakter einer Rückstellung. Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Handelsbilanz Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung ist das Bestehen einer ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit. Das Bestehen einer Verbindlichkeit setzt den Anspruch eines Dritten im Sinne einer Außenverpflichtung voraus, die erzwingbar ist. Diese Voraussetzung erfüllt der Fonds nicht. Es besteht nicht generell eine inhaltlich hinreichend bestimmte, in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllende Verpflichtung zur Verwendung der dem Fonds zugeführten Mittel.
Der Fonds hat auch nicht den Charakter eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens. Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, der gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG auch für die Körperschaftsteuer gilt, sind als Rechnungsabgrenzungsposten auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag anzusetzen, soweit sie einen Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Der Anwendungsbereich der Rechnungsabgrenzung betrifft in erster Linie typische Vorleistungen eines Vertragspartners im Rahmen eines gegenseitigen Vertrags. Diese Voraussetzungen erfüllt der Fonds ebenfalls nicht. Denn es geht nicht um den Ansatz von bereits vereinnahmten Zinsen, für die die Bausparkasse nach dem Bilanzstichtag (zumindest zeitanteilig) noch eine Gegenleistung in Form der Überlassung des Darlehenskapitals zu erbringen hat.
Die handelsrechtliche Einteilung des Fonds spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. Entscheidend ist, dass es sich steuerrechtlich um eine (Gewinn-)Rücklage handelt.
Hinweis
1. Zu entscheiden war, ob der von der Klägerin – einer Bausparkasse – in der Steuerbilanz passivierte "Fonds zur bauspartechnischen Absicherung" bei der Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens nach altem Recht als Abzugsposten zu berücksichtigen war.
a) Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BausparkG a.F. mussten grundsätzlich die Erträge, die eine Bausparkasse aus einer Anlage der Zuteilungsmittel erzielte, einem zur Wahrung der Belange der Bausparer bestimmten Sonderposten "Fonds zur bauspartechnischen Absicherung" zugeführt werden. Der Fonds hatte als Sonderposten in der Handelsbilanz – teilweise – Fremdkapitalcharakter.
b) Steuerrechtlich bestimmte § 21a KStG a.F., dass die Mehrerträge, die dem Sonderposten zugeführt wurden, in eine den steuerlichen Gewinn mindernde "Rücklage" eingestellt werden konnten. Damit sollte nach der Gesetzesbegründung erreicht werden, dass die von den Bausparkassen erzielten Mehrerträge bis zur Verwendung ohne ertragsteuerliche Belastung zur Sicherung der Ansprüche der Bausparer eingesetzt werden konnten.
c) Fraglich war, ob es sich bei dem Fonds um einen vermögensmindernden Abzugsposten oder um eine nach § 103 Abs. 3 BewG a.F. bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens nicht abziehbare "Rücklage" handelte.
2. Die Entscheidung ist zwar zu altem Recht ergangen. Die Problematik der steuerrechtlichen Einordnung von "unklaren" Passivposten in einer Bilanz stellt sich dagegen immer wieder. Eine solche Einordnung kann nach den vom Senat aufgezeigten Bilanzposten erfolgen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 9.11.2016 – II R 65/14