Leitsatz

Auch beim sonstigen Vermögen waren Steuererstattungsansprüche jedenfalls solange nicht als Kapitalforderungen zu erfassen, als ihre Geltendmachung an noch bestehenden Steuerbescheiden scheiterte.

 

Normenkette

§ 37 Abs. 2 AO 1977 , § 38 AO 1977 , § 110 Abs. 1 Nr. 1 BewG (vor 1997)

 

Sachverhalt

An den streitigen Stichtagen war die ESt noch in einer materiell-rechtlich unzutreffenden Höhe festgesetzt. Die Änderungsbescheide, mit denen die ESt auf die gesetzlich geschuldete Höhe herabgesetzt wurde, ergingen erst nach den Stichtagen.

Gleichwohl setzte das FA die Einkommensteuererstattungsansprüche bereits zu den streitigen Stichtagen beim sonstigen Vermögen an, da sie seiner Ansicht nach schon mit Zahlung der zu hohen Steuern entstanden seien. Die zu den betrieblichen Steuererstattungsansprüchen vorliegende Rechtsprechung des BFH sei auf private Steuererstattungsansprüche nicht übertragbar.

 

Entscheidung

Der BFH entschied, dass für den Ansatz privater Steuererstattungsansprüche dieselben Grundsätze gelten wie für den Ansatz betrieblicher Steuererstattungsansprüche. Danach kann auf sich beruhen, wann ein Steuererstattungsanspruch entsteht und ob die Entstehung materiell-rechtlich zu bestimmen ist – wie das FA meint – oder formal-rechtlich. Solange die zu hohe Steuer noch festgesetzt ist, kann ein Erstattungsanspruch schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil er noch nicht durchsetzbar ist. Seiner Durchsetzung steht der noch existierende fehlerhafte Steuerbescheid entgegen. Dem Erfordernis der Durchsetzbarkeit kommt bei den Kapitalforderungen eine ähnliche Funktion zu wie dem Erfordernis einer wirtschaftlichen Belastung bei den Kapitalschulden.

 

Hinweis

Die vorliegende Entscheidung ist erforderlich geworden, weil einzelne Finanzämter sich mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Ansatz betrieblicher Steuererstattungsansprüche (Urteile vom 15.10.1997, II R 56/94, BStBl II 1997, 796 sowie vom 15.3.2000, II R 15/98, BStBl II 2000, 588) nicht abfinden wollen. Die von diesen Ämtern geltend gemachten Unterschiede zwischen betrieblichen und privaten Steuererstattungsansprüchen bestehen hinsichtlich ihrer zeitlichen Berücksichtigung jedoch nicht.

Die in den o.a. Entscheidungen sowie im vorliegenden Fall offen gebliebene Frage, ob für die Entstehung von Steuererstattungsansprüchen der materiellen oder der formellen Rechtsgrundtheorie zu folgen ist, hat der Senat in anderem Zusammenhang – nämlich für den Fall der Zahlung einer materiell-rechtlich geschuldeten Steuer auf einen unwirksamen Bescheid – bereits zugunsten der formellen Rechtsgrundtheorie entschieden (Beschluss vom 29.7.1998, II R 65/95, BFH/NV 1998, 1455 unter 1.b).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 02.12.2003, II R 5/03

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