Leitsatz

Werden die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine behinderungsbedingte Unterbringung in einem Altenwohnheim als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG berücksichtigt, steht dem Steuerpflichtigen daneben der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG nicht zu.

 

Normenkette

§ 33b EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger besitzt einen Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen "G", "aG" und "H". Streitig war, ob der Kläger zusätzlich zu den als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Kosten für seine Unterbringung in einem Wohnstift (rund 42.000 DM abzüglich Haushaltsersparnis) den Behinderten-Pauschbetrag von 7.200 DM abziehen kann.

 

Entscheidung

Der BFH verneint die Möglichkeit der kumulativen Inanspruchnahme. Er verweist auf die bisherige Rechtsprechung und Verwaltungspraxis. Dieser Auslegung stimmt auch das Schrifttum ganz überwiegend zu. Die Revision wurde daher zurückgewiesen.

 

Hinweis

Anders als bei einem rein altersbedingten Umzug in ein Heim sind bei einer krankheitsbedingten – darunter fällt auch die pflegebedingte – Heimunterbringung die Aufwendungen ebenso wie bei einem Krankenhausaufenthalt insgesamt als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Dies gilt nicht nur für die Unterbringung in einem Pflegeheim oder in der Pflegestation eines Altenheims, sondern auch für die Unterbringung in einem Altersheim (Wohnheim, Seniorenstift; BFH, Urteil vom 18.4.2002, III R 15/00, BStBl II 2003, 70). Gegenzurechnen ist allerdings die Haushaltsersparnis. Die Verwaltung verlangt für den Nachweis der Pflegebedürftigkeit mindestens die Einordnung in die Pflegestufe I (R 188 Abs. 1 EStR).

Nimmt der Steuerpflichtige den erhöhten Behinderten-Pauschbetrag von 3.700 Euro (früher 7.200 DM) in Anspruch, sind damit auch die pflegebedingten Unterbringungskosten in einem Heim abgegolten. Der BFH bestätigt damit seine bereits in dem Urteil vom 10.5.1968, VI R 291/67, BStBl II 1968, 647 vertretene Auffassung und auch den Standpunkt der Verwaltung in R 188 Abs. 4 EStR.

Das bedeutet: Dem Steuerpflichtigen steht ein Wahlrecht zu. Er kann entweder den Behinderten-Pauschbetrag in Anspruch nehmen oder stattdessen die Heimkosten – und seine zusätzlich zu den Unterbringungskosten behinderungsbedingt und sonst krankheitsbedingt entstehenden Kosten – anhand eines Einzelnachweises als allgemeine außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG, d.h. unter Gegenrechnung der zumutbaren Belastung, geltend machen. Die kumulative Inanspruchnahme ist ausgeschlossen, da die nachgewiesenen Kosten jedenfalls zum Teil unter die vom Pauschbetrag typischerweise erfassten Aufwendungen fallen. Es ist deshalb auch nicht möglich, für einen Teil der Kosten den Einzelnachweis zu führen und im Übrigen den Pauschbetrag geltend zu machen.

Neben dem Behinderten-Pauschbetrag können nur außerordentliche Kosten zusätzlich nach § 33 EStG abgezogen werden, die – auch wenn sie mit der Behinderung zusammenhängen – einmalig anfallen und sich daher der Typisierung entziehen, z.B. Aufwendungen für eine Operation oder eine Heilkur. Als weitere Ausnahme ist in gewissen Grenzen der Abzug von Kfz-Aufwendungen neben dem Pauschbetrag anerkannt.

Zu beachten ist, dass die Entscheidung einen Fall betrifft, in dem der erhöhte Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG (3.700 Euro) zustand. Es stellt sich die Frage, ob z.B. bei einem nur geringen Grad der Behinderung der Pauschbetrag neben den einzeln nachgewiesenen Heimkosten anerkannt werden könnte, wenn die Heimunterbringung mit der Behinderung in keinem Zusammenhang steht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 4.11.2004, III R 38/02

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