Leitsatz
1. Aus Rohholz gewonnene Holzhackschnitzel sind zolltariflich ‐ je nach Holzart ‐ entweder in die Unterpos. 4401 21 KN (Nadelholz in Form von Schnitzeln) oder in die Unterpos. 4401 22 KN (anderes Holz in Form von Schnitzeln) und somit nicht als Brennholz in "ähnlicher Form" (ähnlich wie in Form von Rundlingen, Scheiten, Zweigen oder Reisigbündeln) in die Unterpos. 4401 10 KN einzureihen, selbst wenn die Holhackschnitzel als Brennstoff verwendet werden. Ihre Lieferung unterliegt deshalb nicht dem ermäßigten Steuersatz gemäß Nr. 48 Buchst. a der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG.
2. Der ermäßigte Steuersatz für die Lieferung von Spänen, Holzabfällen und Holzausschuss gemäß Nr. 48 Buchst. b der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG findet keine Grundlage in der MwStSystRL.
3. Da auf die Lieferung von Holzhackschnitzeln ‐ gleich aus welchem Holz gewonnen ‐ der ermäßigte Steuersatz unionsrechtlich nicht anzuwenden ist, kann seine Anwendung auf aus Rohholz gewonnene Holzhackschnitzel auch nicht auf den Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Umsatzsteuer gestützt werden.
Normenkette
§ 12 Abs. 2 Nr. 1 Anlage 2 Nr. 48 UStG, Art. 98 Abs. 3, Art. 122 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Die Klägerin stellte Holzhackschnitzel her, die sie aus bei Waldarbeiten angefallenem Holz gewann. Die auf ihre Lieferungen getrockneter sowie getrockneter und gesiebter Holzhackschnitzel (als Brennstoff für Heizungen) für 2013 angemeldete USt berechnete sie nach dem ermäßigten Steuersatz. Das FA erließ hingegen einen gemäß dem seiner Ansicht anzuwendenden Regelsteuersatz geänderten USt-Bescheid für das Streitjahr.
Die Klage hatte Erfolg. Das FG urteilte, die steuerliche Ungleichbehandlung von Wald- und Industriehackschnitzeln verstoße gegen Art. 122 MwStSystRL und den Grundsatz der steuerlichen Neutralität der USt, weil unabhängig von dem verwendeten Rohstoff das jeweilige Endprodukt für den Abnehmer wegen der identischen Zweckbestimmung (Brennstoff) gleichartig sei und sich deshalb eine unterschiedliche Besteuerung verbiete. Die Klägerin könne sich unmittelbar auf Art. 122 MwStSystRL berufen (Niedersächsisches FG, Urteil vom 16.11.2017, 11 K 113/17, Haufe-Index 11552430, EFG 2018, 417).
Entscheidung
Aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen hat der BFH auf die Revision des FA die Vorentscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Hinweis
Nach dem UStG gilt für die Lieferung bestimmter Arten von Holz der ermäßigte Steuersatz. Die Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG verweist insoweit auf die Kombinierte Nomenklatur (KN). Nr. 48 Buchst. a der Anlage 2, nennt Brennholz in Form von Rundlingen, Scheiten, Zweigen, Reisigbündeln oder ähnlichen Formen der Unterpos. 4401 10 KN, während Nr. 48 Buchst. b der Anlage 2 Sägespäne, Holzabfälle und Holzausschuss, auch zu Pellets, Briketts, Scheiten oder ähnlichen Formen zusammengepresst der Unterpos. 4401 30 KN aufführt. Wenn sich auch in der KN die Nummerierung dieser Unterpositionen inzwischen geändert hat, ist ihr Wortlaut unverändert geblieben, sodass die Frage nach dem ermäßigten Steuersatz für Holz weiterhin nach der KN und – so die ständige Rechtsprechung des BFH – ausschließlich nach zolltariflichen Vorschriften und Begriffen zu beantworten ist.
Der BFH hat im Streitfall entschieden, dass die aus bei Waldarbeiten angefallenem Rohholz gewonnenen und als Brennstoff gelieferten Holzhackschnitzel (sog. Waldhackschnitzel) nicht als Brennholz in "ähnlicher Form" der Unterpos. 4401 10 KN (Nr. 48 Buchst. a der Anlage 2) einzureihen sind, da "Holz in Form von (…) Schnitzeln" von den Unterpos. 4401 21 (Nadelholz) oder 4401 22 KN (anderes Holz) erfasst wird. Sie sind auch nicht in die Unterpos. 4401 30 KN (Nr. 48 Buchst. b der Anlage 2) einzureihen, da sie nicht aus Holzabfällen oder Holzausschuss, sondern aus Rohholz (Pos. 4403 KN) hergestellt werden. Daher konnte offenbleiben, ob nicht auch für aus Holzabfällen oder Holzausschuss gewonnene Holzhackschnitzel (sog. Industriehackschnitzel) die Unterpos. 4401 21 oder 4401 22 KN die spezielleren Tarifnormen sind.
Die seitens der Klägerin sowie des FG geforderte umsatzsteuerrechtliche Gleichbehandlung von Waldhackschnitzeln mit Industriehackschnitzeln gemäß dem sog. Grundsatz der steuerlichen Neutralität der USt hat der BFH abgelehnt. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH verbietet zwar dieser Grundsatz, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Nach einem Urteil des V. Senats des BFH, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, sind allerdings Waren nicht gleichartig und deshalb umsatzsteuerrechtlich nicht gleich zu behandeln, wenn sie in unterschiedliche Unterpositionen der KN einzureihen sind (BFH, Urteil vom 9.2.2006, V R 49/04, BFH/NV 2006, 1236, BFHE 213, 88, BStBl II 2006, 694, mit Hinweis auf Rechtsprechung des BVerfG).
Darüber hinaus läuft die Forderung nach Gleichbehandlung ins Leere, weil auch die Lieferung sog. Indu...