Leitsatz
Die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands "bebautes Grundstück" setzt voraus, dass entweder der Veräußerer selbst oder ein mit ihm zusammenwirkender Dritter dem Erwerber gegenüber verpflichtet ist, den tatsächlichen Grundstückszustand zu verändern, d.h. das Grundstück zukünftig in einen bebauten Zustand zu versetzen. Beim Erwerb eines Hausbausatzes vom Grundstücksverkäufer kann deshalb nur dann das mit dem Bausatzhaus bebaute Grundstück einheitlicher Erwerbsgegenstand sein, wenn der Grundstücksveräußerer auch zur Aufstellung und Montage der Bausatzteile auf dem Grundstück verpflichtet ist.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG , § 8 Abs. 1 GrEStG , § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
Sachverhalt
Im Juni 1995 erwarb der Kläger einen Blockhaus-Holzteilebausatz von der Herstellerin F für 169.500 DM. Der Vertrag sollte mit Anlieferung des Bausatzes an der Baustelle erfüllt sein. Die F hatte allerdings für 32 Stunden einen Richtmeister für die fachliche Anleitung bei der Gebäudeerrichtung zu stellen, dessen Weisungen der Kläger folgen musste, wenn er nicht seine Gewährleistungsansprüche verlieren wollte. Im Übrigen nahm der Kläger das Aufstellen des Hauses mit eigenen Kräften vor.
Ebenfalls noch im Juni 1995 schloss der Kläger mit einem Dritten einen Grundstückskaufvertrag, der jedoch wegen finanzieller Schwierigkeiten des Dritten nicht vollzogen wurde. Stattdessen geriet das Grundstück in die Zwangsversteigerung, in der es die F erwarb und im Juli 1999 an den Kläger weiterveräußerte. Dieser musste sich verpflichten, das Blockhaus auf dem Grundstück zu erstellen.
FA und FG sahen das Grundstück samt dem Blockhaus als einheitlichen Erwerbsgegenstand an und berechneten die Steuer nach den Kaufpreisen für das Grundstück und das Blockhaus. Dagegen legte der Kläger Revision ein.
Entscheidung
Der BFH gab der Revision statt. Ist die Veräußererseite nicht zu einer Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet, ist die vom Erwerber geschuldete Vergütung aus solchen Verträgen, die die Veräußererseite lediglich zu Dienstleistungen im Zusammenhang mit vom Erwerber selbst herzustellenden Gebäuden, zur Lieferung beweglicher Gegenstände (z.B. Baumaterialien) oder zur Bereitstellung von Planungsunterlagen verpflichten, nicht der Gegenleistung für den Grundstückserwerb hinzuzurechnen. Auf die Frage, ob das Grundstück sowie die Dienst- und Sachleistungen vom Veräußerer einheitlich angeboten wurden, kommt es beim Fehlen einer Herstellungsverpflichtung der Veräußererseite ebenso wenig an wie darauf, ob die Verträge in einem objektiv engen sachlichen Zusammenhang stehen oder der Erwerber bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags hinsichtlich der konkreten Bebauung rechtlich oder auch nur wirtschaftlich gebunden war.
Im Streitfall dienten die neben der Grundstücksverschaffungspflichten vereinbarten und sogar mit dieser rechtlich verknüpften Lieferungs- und Dienstleistungspflicht der F zwar im weitesten Sinn dem Zweck der Errichtung des Bausatzhauses auf dem vom Kläger erworbenen Grundstück; sie verpflichteten F aber nicht zur Aufstellung und Montage der Bausatzteile auf dem Grundstück.
Hinweis
Für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands "bebautes Grundstück" reicht es nicht aus, irgendeinen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und der Gebäudeerrichtung auf Seiten der Vertragspartner des Erwerbers herstellen zu können. Erforderlich ist vielmehr ein Zusammenhang, der die Veränderung des tatsächlichen Grundstückszustands mit dem Grundstückskaufvertrag verbindet.
Daran fehlt es, wenn der Hersteller eines Fertighauses dessen Aufstellung dem Käufer überlässt und lediglich die fachliche Leitung übernimmt. In einem derartigen Fall macht der Hersteller zwar mehr als ein die Bauleitung ausübender Architekt, indem er auch das Fertighaus liefert, die Gebäudeerrichtung nimmt er aber ebenso wenig vor wie der Architekt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.10.2004, II R 12/03