Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Leitsatz
Die Wahl der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) setzt voraus, dass das Wahlrecht zu Beginn des jeweiligen Gewinnermittlungszeitraums ausgeübt wird. Ist dem Steuerpflichtigen nicht bewusst, dass er Gewinneinkünfte erzielt, kann er kein Wahlrecht ausüben.
Sachverhalt
Der Kläger (K) bezog im Streitjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus eigener Vermietungstätigkeit sowie aus der Vermietungstätigkeit einer GbR. Nachdem K einige Wohnungen verkauft hatte, ging das Finanzamt von einem gewerblichen Grundstückshandel aus, was K zunächst bestritt. Das Finanzamt ermittelte auf Basis der erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einen Gewinn, den es der Berechnung der Gewerbe- und Einkommensteuer zu Grunde legte. K ging im Rechtsbehelfsverfahren davon aus, dass die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zu erfolgen habe. Dabei wäre der Verkaufserlös einer Wohnung im Streitjahr nicht zu erfassen gewesen, da dieser erst im Januar des Folgejahres zugeflossen war.
Entscheidung
Der Gewinn des gewerblichen Grundstückshandels des K war nach § 4 Abs. 1 EStG durch Betriebsvermögensvergleich und nicht gemäß § 4 Abs. 3 EStG durch Überschussrechnung zu ermitteln. Denn die Gewinnermittlung durch Überschussrechnung setzt voraus, dass das Wahlrecht des § 4 Abs. 3 EStG zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums ausgeübt wird. Dazu muss dem Steuerpflichtigen jedoch bewusst sein, dass Gewinneinkünfte erzielt werden. Fehlt es an einer Wahl für § 4 Abs. 3 EStG, so ist der Gewinn auch bei einem gewerblichen Grundstückshandel gem. § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln, ggf. im Wege der Schätzung. K war nicht bekannt, Gewinneinkünfte gem. § 15 EStG zu erzielen, da er das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels zunächst bestritten hat. Er konnte also kein Wahlrecht ausüben. Er hat dieses auch nicht dadurch ausgeübt, dass er den Gewerbesteuer-Messbescheiden für 1996 und 1997 nicht widersprochen hat. Denn eine Wahl für eine Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG, die nur vom Steuerpflichtigen getroffen werden kann, muss sich durch positives Handeln nach Außen dokumentiert haben. Da Aufzeichnungen nicht vorlagen musste das Finanzamt den Gewinn aus dem gewerblichen Grundstückshandel auf Grundlage des § 4 Abs. 1 EStG schätzen (§ 162 AO). Nur wenn die Ermittlungsart gem. § 4 Abs. 3 EStG wirksam gewählt worden wäre, hätte auch die Schätzung durch EÜR erfolgen können.
Hinweis
Die Besonderheit lag im Urteilsfall darin, dass der Steuerpflichtige überhaupt nicht von gewerblichen Einnahmen ausging und daher auch zu diesem Zeitpunkt kein Wahlrecht ausüben konnte. In einem ähnlich gelagerten Fall, in dem ebenfalls erst durch eine Außenprüfung ein gewerblicher Grundstückshandel aufgedeckt wurde, hat der BFH jetzt die "nachträgliche" Wahl der Einnahmen-Überschussrechnung - im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den Steuerbescheid - für möglich erachtet. Eine Frist für die Ausübung des Wahlrechts sei gesetzlich nicht festgelegt. Nach dieser aktuellen Auffassung des BFH hat ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger sein Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich erst dann wirksam ausgeübt, wenn er nicht nur eine Eröffnungsbilanz aufstellt und eine kaufmännische Buchführung einrichtet, sondern aufgrund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss macht (vgl. BFH, Urteil v. 19.3.2009, IV R 57/07).
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil vom 26.02.2008, 3 K 223/05 G