Leitsatz
Die Aufteilung des festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags für Zwecke der Feststellung der Steuerermäßigung gemäß § 35 EStG erfolgt ausschließlich nach dem Verhältnis des der Steuerermäßigung unterliegenden Gewinns zu dem gesamten Gewinn aus Gewerbebetrieb. Eine fiktive Zuordnung des Freibetrags nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG zu den nicht der Steuerermäßigung unterliegenden Gewinnen unter Heranziehung des Meistbegünstigungsprinzips kommt nicht in Betracht.
Normenkette
§ 7 Sätze 1 und 3, § 10, § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 14 GewStG, § 5a Abs. 4a Satz 3, § 5a Abs. 5 Sätze 1 und 2, § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 Sätze 2 und 3, Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 EStG
Sachverhalt
Die klagende KG betrieb ein Seeschiff und ermittelte ihren Gewinn nach § 5a EStG (Tonnagesteuer). Der Gewinn setzte sich aus dem pauschal ermittelten Gewinn nach § 5a Abs. 1 EStG und den nach § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG hinzuzurechnenden Sondervergütungen zusammen. Diesen Betrag übernahm das FA auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags und setzte den GewSt-Messbetrag nach Abzug des Freibetrags von 24.500 EUR (§ 11 Abs. 1 GewStG) entsprechend fest.
Im Zusammenhang mit der Gewinnfeststellung stellte das FA auch den nach § 35 EStG anzurechnenden GewSt-Messbetrag fest. Dabei ging es davon aus, dass anrechenbar nur der Teil des GewSt-Messbetrags sei, der aus den Sondervergütungen resultiere. Es errechnete den betreffenden Teil, indem es den GewSt-Messbetrag nach dem Verhältnis von Pauschalgewinn und Sondervergütungen aufteilte.
Hiergegen wendete sich die KG mit der Begründung, das Berechnungsverfahren führe dazu, dass auch der zur Anrechnung nach § 35 EStG berechtigende Teil des GewSt-Messbetrags durch den Freibetrag gemindert werde. Es gelte das Prinzip der Meistbegünstigung, sodass der Freibetrag zunächst von dem nicht begünstigten Teil des Gewerbeertrags abzuziehen sei.
Dieser Auffassung war auch das FG und gab der Klage statt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 24.5.2011, 12 K 160/10, Haufe-Index 2740081, EFG 2012, 245).
Entscheidung
Der BFH teilte die Auffassung nicht, hob das FG-Urteil auf und wies die Klage ab.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft im Ausgangspunkt eine Besonderheit der GewSt bei Gewinnermittlung nach der Tonnage gemäß § 5a EStG (nachstehend unter 2.). Die daraus entstehende Frage nach einer Meistbegünstigung im Rahmen des § 35 EStG hat dagegen allgemeine Bedeutung (dazu unter 3.).
2. Die aus der pauschalen Ermittlung des Gewinns nach der Tonnage folgende Begünstigung für die ESt setzt sich bei der GewSt dadurch fort, dass § 7 Satz 3 GewStG den nach § 5a EStG ermittelten Gewinn als Gewerbeertrag übernimmt. Dies wollte der Gesetzgeber nicht auch noch um die Begünstigung durch pauschale Anrechnung der GewSt auf die ESt ergänzen, weshalb er in § 5a Abs. 5 Satz 2 EStG die Anwendung des § 35 EStG ausgeschlossen hat.
Allerdings gehört zum Gewinn nach § 5a EStG auch ein Bestandteil, der nach allgemeinen Grundsätzen berechnet wird, denn dem pauschal ermittelten Betrag nach § 5a Abs. 1 EStG werden die Sondervergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in vollem Umfang hinzugerechnet (§ 5a Abs. 4a Satz 3 EStG). Deshalb hält es der BFH auch für angebracht, die GewSt-Anrechnung nach § 35 EStG insoweit nicht zu versagen.
3. Daraus resultiert das Problem, dass der zur Anrechnung führende GewSt-Messbetrag aufzuteilen ist in einen begünstigten Teilbetrag, der auf die Sondervergütungen entfällt, und einen auf den nicht begünstigten Pauschalgewinn entfallenden Teilbetrag. Es liegt nahe, eine solche Aufteilung nach dem Verhältnis der beiden Teile des Gewerbeertrags vorzunehmen. Der vom Gewerbeertrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG abzuziehende Freibetrag von 24.500 EUR mindert dann beide Teile der Bemessungsgrundlage für den GewSt-Messbetrag. Damit wird das Potenzial für die Anrechnung auf die ESt nach § 35 EStG durch den anteiligen Freibetrag gemindert.
Wenn man eine möglichst hohe Anrechnung erreichen wollte, müsste man den Freibetrag ganz dem nicht zur Anrechnung führenden Teil des Gewerbeertrags zuordnen. Dies war die Meinung der klagenden KG und auch des FG. Der BFH folgt dieser Auffassung jedoch nicht. Er erkennt keinen allgemeinen Grundsatz für eine "Meistbegünstigung" jeder Steuervergünstigung. Konkret folgert er dies für die GewSt-Anrechnung aus der Regelung in § 35 EStG über den zur Anrechnung führenden GewSt-Messbetrag.
Damit verhält es sich hier anders als bei der nach der Rechtslage bis 2007 zu stellenden Frage, ob die im zu versteuernden Einkommen nach Durchführung eines Verlustausgleichs noch vorhandenen gewerblichen und damit begünstigten Einkünfte auf der Grundlage einer Meistbegünstigung ermittelt werden. Diese Frage hatte der BFH in einem Urteil vom 27.9.2006, X R 25/04 (BStBl II 2007, 694; BFH/PR 2007, 169) bejaht.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 4.12.2014 – IV R 27/11