Leitsatz
Zwischen den Aufwendungen für die Errichtung eines Gebäudes, das an Arztpraxen vermietet wird, und Zahlungen eines Apothekers an den Vermieter, damit dieser das Gebäude an Ärzte vermietet, besteht kein zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG 1999 berechtigender direkter und unmittelbarer Zusammenhang. Diese Zahlungen sind deshalb bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach Maßgabe eines Umsatzschlüssels nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Abs. 4 UStG 1999, Art. 17 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin errichtete ein Gebäude, das sie teils steuerpflichtig und teils steuerfrei an Ärzte vermietete. Von einem benachbarten Apotheker erhielt sie ein monatliches Entgelt für die Ansiedlung der Arztpraxen. Dieses Entgelt behandelte sie als steuerpflichtig.
Sie teilte die Vorsteuern aus den Aufwendungen für die Errichtung des Gebäudes nach dem Umsatzschlüssel auf und rechnete dabei die Zahlungen des Apothekers den steuerpflichtigen Umsätzen hinzu.
Das FA teilte die Vorsteuern nach dem Verhältnis der Nutzflächen auf.
Das Niedersächsische FG gab der Klage statt. Es stellte auf eine wirtschaftliche Betrachtung ab und teilte die Vorsteuern nach dem Umsatzschlüssel unter Einbeziehung der Zahlungen des Apothekers auf (FG Niedersachsen, Urteil vom 22.10.2007, 16 K 69/06, Haufe-Index 1849616, EFG 2008, 260).
Entscheidung
Die Revision des FA hatte Erfolg.
Der BFH hob das Urteil auf und wies die Klage ab. Er billigte die Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel, berücksichtigte dabei aber nicht die Zahlungen des Apothekers. Die Gründe ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
1. Nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen für Lieferungen und sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet. Bei einer nur teilweisen Verwendung für steuerpflichtige Zwecke ist nach § 15 Abs. 4 S. 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge gem. § 15 Abs. 4 S. 2 UStG im Weg einer sachgerechten Schätzung ermitteln.
Der BFH hat die Aufteilung nach einem Umsatzschlüssel als sachgerecht angesehen (BFH, Urteil vom 18.11.2004, V R 16/03, BFH/NV 2005, 801, BFH/PR 2005, 263.)
Das bedeutet, dass bei einem teils steuerfrei, teils steuerpflichtig vermieteten Gebäude die Aufteilung der Vorsteuern nach dem Verhältnis der steuerfreien zu den steuerpflichtigen Mieteinnahmen i.d.R. sachgerecht ist.
2. Die Zahlungen eines Apothekers an einen Vermieter für die Ansiedlung von Arztpraxen sind zwar steuerpflichtig (BFH, Urteil vom 20.02.1992, V R 107/97, BStBl II 1992, 705). Sie sind aber bei der Aufteilung der Vorsteuern nicht in den Umsatzschlüssel einzubeziehen.
Denn nach Art. 17 Abs. 1 der 6. EG-RL ist der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug befugt, "soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden". Daraus hat der EuGH abgeleitet, dass zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Umsätzen auf der nachfolgenden Stufe ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen muss; die Aufwendungen für den Bezug der Eingangsumsätze müssen Teil der Kosten der zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze sein (EuGH, Urteil vom 08.06.2000, C-98/98, Midland Bank, Haufe-Index 510682, Slg. 2000, I – 4177).
Der EuGH geht damit beim Vorsteuerabzug von einer gegenständlichen Zurechnung und nicht von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise aus (vgl. BFH, Urteil vom 09.11.2006, V R 9/94, BFH/NV 1995, 956).
Die Herstellungskosten eines vermieteten Gebäudes sind Kosten der Vermietungsumsätze und stehen nur mit diesen in einem unmittelbaren Zusammenhang. Mit den Zahlungen eines Apothekers für die Ansiedlung bestimmter Mieter besteht nur ein mittelbarer Zusammenhang.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 15.10.2009 – XI R 82/07