Leitsatz
Die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG kann grundstücksverwaltenden Personengesellschaften bei Verpachtung von Grundbesitz an einen gewerblich tätigen, persönlich haftenden Gesellschafter nicht gewährt werden, auch wenn dieser Gesellschafter weder am Vermögen noch am Gewinn und Verlust der Personengesellschaft beteiligt ist.
Normenkette
§ 9 Nr. 1 S. 2 und 5 GewStG
Sachverhalt
Komplementärin einer Grundbesitz verwaltenden KG war eine nicht am Vermögen beteiligte GmbH. Diese hatte von der KG ein Grundstück zur Entnahme von Ton gepachtet.
Das FA versagte der KG die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG.
Entscheidung
Auch FG (Sächsisches FG, Urteil vom 27.03.2006, 8 K 2063/05, Haufe-Index 1888327) und BFH hielten eine erweiterte Kürzung für ausgeschlossen. Das Grundstück diene der GmbH und damit einem Gesellschafter i.S.d. § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG. Es sei ohne Bedeutung, dass die GmbH am Vermögen der KG nicht beteiligt sei. Der Gesetzgeber habe typisierend auf die reine Stellung als Gesellschafter abstellen dürfen.
Hinweis
1. Um die Doppelbelastung eines Unternehmens mit GewSt und GrSt zu vermeiden, sieht § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG eine Kürzung des Gewerbeertrags um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes vor. Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten, also nur wegen ihrer Rechtsform Gewerbebetriebe sind, sollen wirtschaftlich nur mit GrSt und nicht mit GewSt belastet und damit den nicht gewerblichen Vermögensverwaltern gleichgestellt werden. Deshalb sieht § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG eine Kürzung um die gesamten Grundbesitzerträge vor. Diese erweiterte Kürzung kann aber dann nicht beansprucht werden, wenn der Grundbesitz einem Gesellschafter des Grundbesitzunternehmens dient. Denn die Grundstückserträge würden auch der GewSt unterliegen, wenn das Grundstück Betriebsvermögen des Gesellschafters wäre.
2. Im Besprechungsurteil war der Grundbesitz von einem Gesellschafter genutzt worden, der am Vermögen der Grundstücksgesellschaft überhaupt nicht beteiligt war (Komplementär-GmbH, deren sämtliche Anteile allerdings der alleinige Kommanditist der Grundstücks-KG hielt). Hier stellt sich die Frage, ob es nicht eine Bagatellgrenze für die Beteiligung des Gesellschafters gibt. Diese Frage hatte der BFH in einem Urteil vom 07.04.2005, IV R 34/03 (BFH/PR 2005, 294) angerissen, für die dortige Beteiligung von 5 % aber mit der Begründung abgelehnt, der Anteil müsse dann jedenfalls weniger als 1 % betragen.
Im Besprechungsfall mit einer Beteiligung von 0 % musste der BFH aber "Farbe bekennen". Abweichend von der Vorüberlegung im Jahr 2005 knüpft der BFH nun nicht nur an den Beteiligungsumfang, sondern auch an die Art der Gesellschafterstellung an. Er entscheidet sich dafür, jede Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter ungeachtet des Vermögensanteils am Grundstücksunternehmen als schädlich anzusehen. Diese Handhabung mag hart erscheinen, ist aber nach Meinung des BFH mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu vereinbaren. Außerdem entspricht sie der einkommensteuerlichen Sicht, nach der ein Komplementär immer Mitunternehmer ist.
3. Noch nicht entschieden ist damit, wie bei einem mit 0 % beteiligten Kommanditisten zu verfahren ist. Die im Besprechungsurteil angestellten Typisierungsüberlegungen könnten aber wohl auch bei Kommanditisten greifen, insbesondere deshalb, weil anders mittelbaren Beteiligungen anderer Gesellschafter am 0 %-Kommanditisten nicht begegnet werden könnte.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 07.08.2008 – IV R 36/07