Leitsatz
1. Mitarbeiter des Goethe-Instituts mit Wohnsitz im Ausland stehen nicht zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis und sind daher nicht nach § 1 Abs. 2 EStG 1997 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.
2. Ob eine Person in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen wird (§ 1 Abs. 2 Satz 2 EStG 1997), ist nach den Vorschriften des maßgebenden ausländischen Steuerrechts zu prüfen.
3. Die Antragsveranlagung einer Person mit inländischen Einkünften i.S.d. § 49 EStG 1997 nach § 1 Abs. 3 EStG 1997 ermöglicht im Grundsatz keine Zusammenveranlagung mit ihrem ebenfalls im Ausland wohnenden Ehegatten, wenn dieser selbst nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.
4. Unterhaltsaufwendungen an den im Ausland wohnenden Ehegatten sind gem. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG 1997 nur insoweit abzugsfähig, als sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaats notwendig und angemessen sind. Auf die konkreten Lebenshaltungskosten am Wohnort ist nicht abzustellen.
Normenkette
§ 1 Abs. 2 und 3, § 26, § 26b, § 32a Abs. 5, § 33a Abs. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b, § 50d Abs. 4 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er war in den Streitjahren (2000 und 2001) Mitarbeiter des Goethe-Instituts in Peking, wo er mit seiner Ehefrau, einer Nicht-EG-Staatsangehörigen, lebte. Für das Jahr 2000 reichte er beim FA eine ESt-Erklärung ein, mit der er ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit erklärte. Das FA veranlagte ihn daher nach § 1 Abs. 3 EStG 1997 als fiktiv unbeschränkt Steuerpflichtigen.
Die von ihm als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Unterhaltsleistungen für seine Ehefrau i.H.v. 13.500 DM berücksichtigte es entsprechend der zu § 33a EStG 1997 ergangenen Ländergruppeneinteilung allerdings nur mit 4.500 DM.
Mit seiner Anfechtungsklage wandte sich der Kläger zunächst weiter dagegen, dass die Unterhaltsleistungen an seine Ehefrau nur mit 1/3 des Höchstbetrags gem. § 33a Abs. 1 EStG 1997 als außergewöhnliche Belastung zum Abzug zugelassen wurden.
Die Ländergruppeneinteilung sei in seinem Fall nicht angemessen. Sie berücksichtige nicht die höheren Lebenshaltungskosten in Peking. Er habe einen grundgesetzlich abgesicherten Anspruch (Art. 6 GG), mit seiner Familie auch im Ausland einen Lebensstandard wie in Deutschland aufrechterhalten zu können.
Zeitgleich mit der Klage beantragte der Kläger beim FA für beide Streitjahre Zusammenveranlagung mit seiner Ehefrau nach § 1 Abs. 2, §§ 26, 26b EStG 1997. Dies lehnte das FA mit der Begründung ab, der Kläger sei beschränkt steuerpflichtig. Hiergegen erhob der Kläger Verpflichtungsklage.
Das FG wies beide Klagen ab (EFG 2005, 1331).
Entscheidung
Der BFH folgte dem FG.
Der Kläger sei nicht nach § 1 Abs. 2 EStG "erweitert" unbeschränkt steuerpflichtig, weil er weder zu einer juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehe noch in China, wo er wohne, als beschränkt Steuerpflichtiger behandelt werde.
Er sei auf seinen Antrag hin zwar nach § 1 Abs. 3 EStG als fiktiv unbeschränkt steuerpflichtig behandelt worden. Da die Ehefrau in China lebt, versagen § 26 und § 26b EStG ihm jedoch den Splittingvorteil.
Ihm bleibt nur der Abzug der Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung.
Hinweis
Der Fall hat nicht allzu große Praxisrelevanz. Er zeigt jedoch die systematischen Untiefen des Rechts der beschränkten Steuerpflicht.
1. Bezieht eine Person Bezüge, welche aus öffentlichen Kassen finanziert werden, unterwirft ihn § 50d Abs. 4 EStG a.F., nunmehr § 50d Abs. 7 EStG n.F. auch dann der beschränkten Steuerpflicht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG, wenn es an einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis fehlt. Das "Defizit" wird kraft Gesetzes fingiert. So geschieht es z.B. auch bei Angestellten des deutschen Goethe-Instituts im Ausland.
Infolge der gesetzlichen Fiktion des Dienstverhältnisses sichert sich Deutschland für einschlägige Sachverhalte das abkommensrechtliche Besteuerungsrecht nach Maßgabe des Kassenstaats-Artikels 19 im OECD-MA.
2. Das heißt aber noch lange nicht, dass der betreffende Steuerpflichtige infolge besagten Kassenstaatsprinzips auch ohne Weiteres die Vorteile der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht nach Maßgabe des in § 1 Abs. 2 EStG in Anspruch nehmen könnte, vor allem die Gewährung des Splittingtarifs mit seiner ebenfalls im Ausland lebenden Ehefrau.
Solches wäre – jedenfalls nach Maßgabe von § 1a EStG – zwar u.U. einem "echten" Öffentlich-Dienstler möglich, beispielsweise einem deutschen Diplomaten. Denn ein solcher ist nach § 1 Abs. 2 EStG erweitert unbeschränkt steuerpflichtig. Für einen Mitarbeiter des Goethe-Instituts gilt das jedoch nicht, weil ein solcher eben in einer privaten Institution angestellt ist und eine Fiktion, wie sie § 50d Abs. 4 EStG a.F./§ 50d Abs. 7 EStG n.F. enthält, hier fehlt.
Der BFH sieht i...