Leitsatz
1. Eine Geschäftsveräußerung liegt nur vor, wenn der Erwerber die vom Veräußerer ausgeübte Unternehmenstätigkeit fortsetzt oder dies zumindest beabsichtigt.
2. Ist der Gegenstand der Geschäftsveräußerung ein Vermietungsunternehmen, muss der Erwerber umsatzsteuerrechtlich die Fortsetzung der Vermietungstätigkeit beabsichtigen.
3. Die Übertragung eines an eine Organgesellschaft vermieteten Grundstücks auf den Organträger führt nicht zu einer Geschäftsveräußerung, da der Organträger umsatzsteuerrechtlich keine Vermietungstätigkeit fortsetzt, sondern das Grundstück im Rahmen seines Unternehmens selbst nutzt.
Normenkette
§ 1 Abs. 1a und § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1993, Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin veräußerte das bisher an die S-GmbH vermietete mit dem von ihr errichteten Betriebsgebäude bebaute Grundstück umsatzsteuerfrei an den Ehemann, der Alleingesellschaftergeschäftsführer der S-GmbH war und es an die GmbH vermietete. Gegen die Vorsteuerberichtigung des FA machte die Klägerin erfolglos geltend, es liege eine Geschäftsveräußerung vor.
Entscheidung
Der BFH verneinte eine Geschäftsveräußerung aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen. Er bestätigte die bisherige Rechtsprechung, dass im Streitjahr (1998) nicht – wie das FG meinte (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29.05.2008, 2 K 300/05, Haufe-Index 2273152) – § 15a UStG 1993, sondern § 15a Abs. 1 S. 1 UStG 1999 i.d.F. des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3794) i.V.m. § 27 Abs. 8 UStG 1999 i.d.F. des Gesetzes vom 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2645) anzuwenden sei.
Hinweis
1.§ 1 Abs. 1a UStG setzt im Wesentlichen bei richtlinienkonformer Auslegung die Übertragung von Geschäftsbetrieben und von selbstständigen Unternehmensteilen voraus, die als Zusammenfassung materieller und immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit "fortgeführt" werden kann. Der Erwerber muss die Unternehmensfortführung beabsichtigen. Die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten müssen sich jedenfalls hinreichend ähneln. Ob die Voraussetzungen vorliegen, muss nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Übertragung objektiv erkennbar sein. Denn die Beurteilung als Geschäftsveräußerung hat nicht nur Folgen für die Steuerbarkeit der Veräußerung, sondern auch für die Vorsteuerberichtigung.
2. Die Übertragung eines vermieteten/verpachteten Grundstücks erfüllt – wegen des mit dem Grundstückserwerb verbundenen Eintritts in den Miet- oder Pachtvertrag – i.d.R. die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung. Die Veräußerung eines Gebäudes ohne Übergang eines Mietvertrags – ist keine Übertragung eines Unternehmensteils, mit dem eine selbstständige Tätigkeit fortgeführt werden kann, sondern die Übertragung eines einzelnen Vermögensgegenstands. Fehlt es an weiteren Faktoren, wie z.B. einer bestehenden Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks, liegt daher keine Geschäftsveräußerung vor.
3. Wird ein an eine Organgesellschaft vermietetes Grundstück an den Organträger verkauft, kann dieser die Vermietungstätigkeit nicht fortführen: Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 UStG beschränken sich zwar die Wirkungen der Organschaft auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen des Organkreises. Diese Unternehmensteile sind jedoch als ein Unternehmen zu behandeln. Eine umsatzsteuerrechtlich relevante Vermietung des an die Organgesellschaft und daher auch die Fortführung der bisherigen Vermietungstätigkeit scheidet daher aus.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 06.05.2010 – V R 26/09