Leitsatz
Einrichtungen zur Messung von Lärmemissionen stellen eine Betriebsstätte eines Verkehrsflughafens dar. Es liegt aber wegen eines fehlenden räumlichen Zusammenhangs keine mehrgemeindliche Betriebsstätte vor, wenn eine Verbindung mit den Lärmmessstationen (Datenübertragung) nur über allgemeine Kommunikationsleitungen besteht.
Normenkette
§ 28 Abs. 1, § 29 Abs. 1, § 33 Abs. 1 S. 1 GewStG 2002, § 12 S. 1 AO
Sachverhalt
Die zum Verfahren beigeladene AG betreibt zwei Verkehrsflughäfen. Sie hatte im Streitjahr auf den Gebieten der benachbarten Gemeinden jeweils mindestens eine Einrichtung zur Messung des Fluglärms (Lärmmessstation) installiert. Insgesamt handelt es sich um 25 Stationen, die von der AG ohne eigenes Personal am Ort betrieben wurden. Die Stationen – bestehend aus einer wetterfesten Mikrofoneinheit, einem Schallpegelmessgerät, einem Datenlogger zur Sammlung der anfallenden Messdaten und einem Modem zur Datenübertragung – befanden sich jeweils auf einem wenige Quadratmeter großen Grundstück, das die AG aufgrund eines "Gestattungsvertrags" mit der jeweiligen Gemeinde als Grundstückseigentümerin kostenfrei nutzte.
Die Messdaten werden per Kabel (Datenübermittlung in speziellen öffentlichen Wählnetzen) zum zentralen Rechner der Fluglärmüberwachung am Flughafen übertragen und dort von einem Fluglärmcontroller überwacht. Das Messverfahren und die Auswertung der Daten erlauben die konkrete Zuordnung eines bestimmten Lärmereignisses zu einem bestimmten Flugereignis. Mit der gesamten Einrichtung erfüllt die AG ihre gesetzliche Verpflichtung nach § 19a LuftVG im Rahmen ihrer Betriebsgenehmigung. Der Buchwert der Stationen betrug null.
Das FA zerlegte den gegen die AG festgesetzten GewSt-Messbetrag auf einer ersten Stufe entsprechend dem Verhältnis der Arbeitslöhne gem. § 29 GewStG 2002 zwischen den selbstständigen (Haupt-)Betriebsstätten (den beiden Standorten der Flughäfen) und sodann auf der zweiten Stufe den für eine der Nachbargemeinden verbleibenden Zerlegungsanteil unter Berücksichtigung der Personalkosten und des Werts des Sachanlagevermögens. Es bezog dabei alle Gemeinden mit Lärmmessstationen ein und nahm eine mehrgemeindliche Betriebsstätte gem. § 30 GewStG 2002 an. Dennoch blieb es für die Nachbargemeinden bei einem rechnerischen Zerlegungsanteil von null.
Die Klage der sonach unberücksichtigt gebliebenen Gemeinden blieb erfolglos (Hessisches FG, Urteil vom 19.03.2008, 8 K 2117/07, Haufe-Index 2024599, EFG 2008, 1472).
Entscheidung
Der BFH hat das FG bestätigt und die Revisionen zurückgewiesen. Zwar handle es sich bei den Lärmmessstationen um Betriebsstätten, der Tatbestand einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte werde indes wegen fehlender räumlicher Verknüpfung der Betriebsstätten nicht erfüllt. So oder so seien die lärmgestressten Nachbargemeinden nicht an der GewSt zu beteiligen: Die Betriebsstätten schieden als Zerlegungsfaktor mangels Arbeitslöhne aus. Und für einen abweichenden Zerlegungsmaßstab gem. § 33 GewStG gebe es keine Veranlassung.
Hinweis
Nach diesem – wohl in seinem Ergebnis erwartbaren – Urteil steht fest: Nachbargemeinden eines Flughafens steht auch dann kein Anteil an der GewSt des Flughafenbetreibers zu, wenn auf ihrem Gebiet für den Betrieb des Flughafens unerlässliche Lärmmessstationen installiert sind:
1. Die Erhebung der GewSt beruht bekanntlich auf der Festsetzung des GewSt-Messbetrags, welcher gem. §§ 28 ff. GewStG zu zerlegen ist, wenn Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden sind. Auf diese Weise soll der "Idee" nach jede Gemeinde, die "Lasten" aus der gewerblichen Tätigkeit zu tragen hat, mit einem Anteil am GewSt-Aufkommen "entschädigt" werden. Gesetzlicher Zerlegungsmaßstab ist gem. § 29 (Abs. 1 Nr. 1) GewStG grundsätzlich das Verhältnis, in dem sich die Summe der Arbeitslöhne (gem. § 30 GewStG) auf die einzelnen Betriebsstätten verteilt. Bei sog. mehrgemeindlichen Betriebsstätten kann die Zerlegung gem. § 30 GewStG auch nach einem anderen Aufteilungsmaßstab vorgenommen werden, nämlich "nach Lage der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten".
2. Im Streitfall ging es um einen (hessischen) Großflughafen, der in den umliegenden Gemeinden Lärmmessstationen betrieb und zum Fortbestand seiner Betriebsgenehmigung auch betreiben musste. Die betroffenen Gemeinden begehrten wegen dieser Messstationen einen Anteil am GewSt-Aufkommen. Sie verwiesen insbesondere auf die mit der räumlichen Nähe zum Flughafen einhergehenden Lärmbelastungen und die dadurch ausgelösten Investitionen im Gemeindebereich.
3. Dem entsprach der BFH nicht.
Obschon nur "kleine Kästen", sind die Lärmmessstationen gleichwohl als Betriebsstätten des Flughafens i.S.v. § 12 AO anzusehen (weil sie der Unternehmenstätigkeit "dienen"). Ein Anteil an der GewSt steht den Nachbargemeinden gleichwohl nicht zu: Zum einen werden in den Messstationen keine Arbeitnehmer beschäftigt, nach deren Löhnen eine Ze...