Leitsatz
Der fiktive Gewinnanteil i.S.d. § 5 Abs. 1 KapErhStG a.F. (Rückzahlung von Nennkapital bei dessen Herabsetzung) ist dem Gewinn aus Gewerbebetrieb bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gem. § 7 GewStG 1991 nicht hinzuzurechnen.
Normenkette
§ 7 GewStG, § 5 Abs. 1 und 2 KapErhStG a.F.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, war im Streitjahr 1997 zu 1 % an der K-GmbH, vormals eine AG, beteiligt. Diese hat nach vorangegangener Umwandlung von Kapitalrücklagen (Altkapital, sog. EK 03) in Nennkapital die Herabsetzung ihres Grundkapitals beschlossen. Die Herabsetzung erfolgte zum Zweck der Rückzahlung an die Anteilseigner durch Einziehung von Stammaktien. Die darauf entfallenden ESt und KSt der Gesellschafter wurden gem. § 5 Abs. 2 S. 1 und 3 KapErhStG a.F. im Weg der Pauschsteuer von 30 % erhoben und gem. § 5 Abs. 2 S. 2 KapErhStG a.F. von der K-GmbH entrichtet. Bei der Klägerin unterlag die anteilige Kapitalrückzahlung wegen der Pauschalierung im Ergebnis keiner KSt; sie wurde deshalb von ihr im Rahmen der Einkommensermittlung gewinnneutral behandelt.
Das FA folgte dem, bezog den nach § 5 Abs. 1 S. 1 KapErhStG a.F. als Gewinnanteil geltenden Betrag aber bei der Ermittlung des Gewerbeertrags mit ein. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich (FG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2009, 14 K 3600/06 G, Haufe-Index 2182279, EFG 2009, 1324).
Entscheidung
Auch vor dem BFH blieb es dabei: Das Urteil des FG wurde im Beschlussweg gem. § 126a FGO bestätigt.
Hinweis
Das Urteil betrifft die frühere Regelungslage des KapErhStG und ist insoweit nicht mehr von gegenwärtiger Relevanz. Es wirft dennoch einen nach wie vor aktuellen Blick auf die "technische" Ermittlung des Gewerbeertrags gem. § 7 GewStG:
1. Die Rückzahlung jenes Teils des herabgesetzten Nennkapitals, das von einer Kapitalgesellschaft zuvor innerhalb von fünf Jahren unter Verwendung einer Rücklage erhöht worden ist, die aus dem Gewinn eines vor dem 01.01.1977 abgelaufenen Wirtschaftsjahrs gebildet worden ist (sog. Altkapital = EK 03), gilt nach § 5 Abs. 1 S. 1 KapErhStG a.F. als Gewinnanteil. Hintergrund dieser Regelung war es, Besteuerungslücken zu vermeiden: Der Anteilseigner hätte die Rückzahlung steuerfrei vereinnahmen können, die Kapitalgesellschaft wäre nicht zur Herstellung der körperschaftsteuerlichen Ausschüttungsbelastung (§ 27 KStG a.F.) genötigt gewesen.
2. Als fiktiver Gewinnanteil geht der Rückzahlungsbetrag in die steuerliche Einkommensermittlung des Anteilseigners ein (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG). Nach § 5 Abs. 2 S. 1 und 3 KapErhStG a.F. werden die auf den fiktiven Gewinnanteil entfallenden Steuern vom Einkommen der Gesellschafter jedoch im Weg der Pauschbesteuerung von 30 % erhoben; diese Steuer ist nach § 5 Abs. 2 S. 2 KapErhStG a.F. von der Kapitalgesellschaft, deren Nennkapital herabgesetzt wird, als Steuerschuldnerin zu entrichten.
Unbeschadet dessen, dass es sich hierbei (nur) um eine pauschalierte Steuererhebungsform handelt, die sich an die Kapitalgesellschaft als Erhebungsschuldner und nicht an den Anteilseigner als Steuerschuldner richtet, hat das für den Anteilseigner dennoch zur Folge, dass der fiktive Gewinnanteil i.S.d. § 5 Abs. 1 KapErhStG a.F. (in sachlicher Hinsicht) steuerfrei bleibt; sein Bilanzgewinn ist in entsprechendem Umfang außerbilanziell zu korrigieren.
3. Geht der Rückzahlungsbetrag damit aber im Ergebnis nicht in die Bemessungsgrundlage für die ESt oder KSt des Anteilseigners ein, erstreckt sich dies gem. § 7 GewStG auch auf die Ermittlung des Gewerbeertrags. Die Kapitalrückzahlung bleibt mithin auch für diese unberücksichtigt. Dass § 5 Abs. 2 S. 1 KapErhStG a.F. die Steuererhebung im Weg der Pauschbesteuerung unmittelbar nur für die auf die fiktiven Gewinnanteile nach § 5 Abs. 1 S. 1 KapErhStG a.F. entfallenden Steuern vom Einkommen anordnet und die GewSt jedenfalls nicht ausdrücklich einbezieht, ändert an diesem Ergebnis ebenso wenig wie der Umstand, dass die Einkommenskorrektur außerbilanziell erfolgt. So oder so sind allein die Maßgaben der Einkommensermittlung ausschlaggebend.
Es wäre Sache des Gesetzgebers gewesen, das mittels eines gegenläufigen Gesetzesbefehls für die GewSt zu "korrigieren", falls er dies denn gewollt hätte. Solches ist z.B. in § 7 S. 3 GewStG 2002 im Hinblick auf § 5a EStG geschehen, für § 5 Abs. 2 KapErhStG a.F. indessen nicht. Dieses Versäumnis lässt sich aber nicht im Weg der Gesetzesauslegung ausgleichen.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 19.07.2010 – I R 36/09