Leitsatz

Der Vorwegabzug von Vorsorgeaufwendungen ist nicht nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a 1. Alternative EStG 1997 zu kürzen, wenn der Arbeitgeber für den Steuerpflichtigen zwar Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abführt, dessen Anspruch auf Arbeitslosengeld aber gem. § 142 Abs. 2 Nr. 4 SGB III ruht.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 62 EStG , § 10 EStG , § 10c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG , § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV , § 142 SGB III , § 346 SGB III , §§ 14 ff. SoldatenversorgungsG , § 44 SoldatenG , § 45 SoldatenG

 

Sachverhalt

Der Kläger, der mit seiner Ehefrau zusammen veranlagt wurde, erhielt Versorgungsbezüge aus einem früheren Dienstverhältnis bei der Bundeswehr. Im Streitjahr 1997 war er zudem als Pilot bei einer privaten Fluggesellschaft tätig. Diese führte Beiträge zu Arbeitslosenversicherung i.H.v. 3.198 DM ab, entrichtete aber keine Renten- und Krankenversicherungsbeiträge.

Das FA kürzte im Rahmen des Sonderausgabenabzugs für Vorsorgeaufwendungen den gemeinsamen Vorwegabzug um 16 % der Einnahmen des Klägers aus der Tätigkeit als Pilot mit der Folge, dass kein Abzugsbetrag mehr verblieb. Das FG wies die Klage ab (EFG 2001, 888).

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und gab der Klage statt. Die Beiträge des Arbeitgebers an die Bundesanstalt für Arbeit seien keine Leistungen "für" die Zukunftssicherung des Klägers. Dieser beziehe als ehemaliger Berufssoldat ein Ruhegehalt und könne deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerben.

 

Hinweis

1. Die Kürzung des Vorwegabzugs setzt nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a EStG voraus, dass für die Zukunftssicherung eines Steuerpflichtigen Leistungen nach § 3 Nr. 62 EStG erbracht werden. Zu diesen Zukunftssicherungsleistungen gehören neben Beiträgen zu den gesetzlichen Sozialversicherungen der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherungen auch die vom Arbeitgeber geleisteten Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit.

Solche Beiträge des Arbeitgebers zur Arbeitslosenversicherung sind – so der BFH – nicht "für" die Zukunftssicherung eines Steuerpflichtigen erbracht, wenn feststeht, dass dieser gar keine Ansprüche auf Absicherung für den Fall der Arbeitslosigkeit erlangen kann. Um einen solchen Steuerpflichtigen handelt es sich beim Kläger des Streitfalls. Denn dieser bezieht als ehemaliger Berufssoldat ein Ruhegehalt nach dem Soldatenversorgungsgesetz. Nach § 142 Abs. 1 Nr. 4 SGB III aber ruht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld, solange eine einer Altersrente ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art (die hier vorliegt) bezogen wird. Nachdem der Kläger das Ruhegehalt lebenslang bezieht, wird er bereits dem Grunde nach niemals einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerben.

2. Den in diesem Jahr veröffentlichten Entscheidungen, in denen der BFH jeweils eine Kürzung des Vorwegabzugs zugelassen hat (vgl. Urteile vom 16.10.2002, XI R 61/00, BFH-PR 2003, 131; XI R 71/00, BFH-PR 2003, 175; XI R 75/00, BFH-PR 2003, 176), kann nichts Gegenteiliges entnommen werden. Dort hat der BFH ausgeführt, dass es für die Kürzung des Vorwegabzugs nicht auf die Höhe der Leistungen i.S.d. § 3 Nr. 62 EStG ankommt, sondern darauf, dass überhaupt solche Leistungen erbracht worden sind. Daran fehlt es aber hier, weil keine Leistungen "für" die Zukunftssicherung des Klägers erbracht worden sind.

3. Zu diesem Rechtsstreit konnte es nur deshalb kommen, weil nach der Rechtsprechung des BSG"im Hinblick auf die gesetzlichen Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit" Beiträge zur Arbeitslosenversicherung auch dann entrichtet werden müssen, wenn es sich um einen Arbeitnehmer handelt, der – wie hier – wegen des Bezugs anderweitiger Sozialleistungen im Fall Arbeitslosigkeit überhaupt kein Arbeitslosengeld erhalten kann.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 6.3.2003, XI R 31/01

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