Leitsatz
1. Ausgaben stehen nur dann in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen (§ 3c EStG in seiner bis 31.12.2000 gültigen Fassung), wenn bereits im Veranlagungszeitraum des (zunächst) vollen Betriebsausgabenabzugs Grund und Reichweite der Steuerfreiheit korrespondierender Einnahmen gesetzlich geregelt sind.
2. § 3c Abs. 2 EStG in seiner ab dem 1.1.2001 gültigen Fassung des StSenkG 2001/2002 vom 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433) ist auf vor diesem Zeitpunkt geleistete Aufwendungen nicht (rückwirkend) anwendbar.
Normenkette
§ 3c EStG 2000, § 3c Abs. 2, § 52 Abs. 8a EStG 2001
Sachverhalt
Eine gewerbliche Einkünfte erzielende GbR mit Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung hatte im Jahr 2000 ausländische Aktien gekauft und die Anschaffungskosten als Betriebsausgaben behandelt. Im Jahr 2001 waren die Aktien wieder verkauft worden. Die Erlöse waren wegen des in diesem Jahr erstmals geltenden Halbeinkünfteverfahrens zur Hälfte steuerbefreit.
Das FA war der Meinung, wegen des wirtschaftlichen Zusammenhangs mit teilweise steuerbefreiten Erlösen, dürften die Anschaffungskosten nur nach Maßgabe des § 3c EStG a.F. (heute § 3c Abs. 1 EStG) anteilig als Betriebsausgaben abgezogen werden. Soweit die Aktien mit Gewinn veräußert worden waren, kürzte das FA die Ausgaben um die Hälfte. Bei mit Verlust veräußerten Aktien wurden die Ausgaben bis zur Höhe der Einnahmen gekürzt.
Die gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 2000 wegen der Kürzung der Betriebsausgaben gerichtete Klage hatte Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2009, 17 K 1039/08 F, Haufe-Index 2271167, EFG 2010, 393).
Entscheidung
Der BFH teilte die Auffassung des FG im Ergebnis und wies die Revision des FA zurück. Auf § 3c EStG a.F. könne die Kürzung der Betriebsausgaben nicht gestützt werden, weil im Jahr 2000 die Steuerbefreiung späterer korrespondierender Einnahmen noch nicht geregelt gewesen sei. § 3c Abs. 2 EStG in der Fassung für das Jahr 2001 wirke nicht auf Aufwendungen im Jahr 2000 zurück.
Hinweis
1. Mit dem Urteil wurde eine Frage zum Übergangsrecht bei der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens geklärt, die sich nur in Jahren vor 2001 stellen kann.
Betriebseinnahmen aus der Veräußerung von ausländischen Wertpapieren im Jahr 2001 unterliegen ohne Übergangsregelung der hälftigen Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a EStG. Die Steuerbefreiung ist nicht abhängig davon, ob auch die Ausgaben für die Anschaffung des veräußerten Wertpapiers dem Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG unterlegen haben. Wenn Ausgaben in einem Jahr vor 2001 in voller Höhe als Betriebsausgaben den Gewinn gemindert haben, wird das aus Steuerbefreiung und Abzugsverbot zusammengesetzte Halbeinkünfteverfahren nicht verwirklicht und die hälftige Steuerbefreiung des Veräußerungserlöses führt zu einem erheblichen Steuervorteil.
2. Das Problem hätte sich nicht gestellt, wenn die Steuerbefreiung von der Anwendbarkeit des Abzugsverbots abhängig gemacht worden wäre. Da der Gesetzgeber eine solche Regelung aber nicht getroffen hat, versucht die Finanzverwaltung stattdessen, das Abzugsverbot auch in Jahren vor Einführung des Halbeinkünfteverfahrens durchzusetzen.
Das könnte sich in erster Linie aus dem 2001 eingeführten § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG ergeben. Diese Vorschrift entfaltet aber nach Erkenntnis des BFH keine Rückwirkung auf Jahre vor 2001.
Dann bleibt als "Rettungsanker" für die Finanzverwaltung nur der vor 2001 geltende § 3c EStG a. F. (heute § 3c Abs. 1 EStG). Dieser schließt den Abzug von Ausgaben aus, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Einen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang verlangt die Regelung grundsätzlich nicht, wobei der BFH in bestimmten Fällen einen solchen Zusammenhang gleichwohl gefordert hat. Keinesfalls kann der erforderliche unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang nach Meinung des BFH in dem hiesigen Urteil aber dann bestehen, wenn die Steuerbefreiung im Zeitpunkt der Entstehung der zugehörigen Ausgabe noch nicht gesetzlich geregelt ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.12.2012 – IV R 51/09